Mädchen-Nationalteam als großer Sieger

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Mädchen-Nationalteam gewinnt alle Wertungstrikots der 14. TMP-Jugendtour im Landkreis Gotha – Jonas Rutsch legt Start-Ziel-Sieg in der Schülerklasse hin – Leo Appelt verpasst Ausreißergruppe der männlichen Jugend und überlässt Sven Reutter das Gelbe

Landkreis Gotha. Die 14. TMP-Jugendtour und Kleine Friedensfahrt für Schüler endete am Sonntag (20. Mai 2012) auf den Thüringer Straßen um Waltershausen mit vielen Favoritensiegen, aber auch mit Außenseiterfolgen.

So überraschte die Dominanz des Nationalteams Deutschland in der weiblichen Jugend U17 keineswegs. Am Ende belegten mit Franziska Banzer, Laura Süßemilch und Lisa Klein sogar drei Nationalfahrerinnen die Plätze eins bis drei und gewannen sämtliche Wertungstrikots. Da alle sechs Sportlerinnen unter den ersten 20 Fahrerinnen im Gesamtklassement landeten, ging auch der Mannschafts-Länderkampf „Coppa Gerd Hufschmidt“ klar an Deutschland. Auf Platz zwei landete das Nationalteam Italien, Dritte wurden die Fahrerinnen aus Polen.

Schon zum Prolog am Freitagnachmittag in Gotha, als es nur um die Vergabe der Ehrentrikots ging, beherrschten die Fahrerinnen des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) zu jeder Zeit das Kriteriumsrennen. Es gewann Larissa Luttuschka vor Franziska Banzer und Laura Süßemilch. Luttuschka, die zweifache Deutsche Schüler-Meisterin von 2011 (Straße und Omnium) aus Finsterwalde bei Cottbus, hat offensichtlich in der höheren Altersklasse gut Fuß gefasst und gehörte auch für Ines Richter, BDR-Beauftragte für Mädchensport, neben Lisa Klein zu den Favoritinnen bei der TMP-Tour.

„Die Coppa ist mein Baby“, sagte Ines Richter und beobachtete den in Erinnerung an den zu früh verstorbenen ehemaligen Bundesjugendleiter Gerd Hufschmidt ausgetragenen Teamwettkampf der Mädchen-Mannschaften drei Tage lang aufmerksam. Wurde diese Sonderwertung einst am Rande der Südpfalztour ausgetragen, so hat die Coppa seit vergangenem Jahr bei der TMP-Tour ein neues Umfeld gefunden. Ines Richter lobte die Professionalität der Ausrichter des RSC Waltershausen-Gotha und die gute Zusammenarbeit mit dem BDR.

Als dann aber die Jenaerin Franziska Banzer das Zeitfahren zwischen Friedrichswerth und Weingarten am Samstagvormittag gewann, wurden die Favoritenrollen in der Mannschaft neu verteilt. Nun fuhr das gesamte BDR-Team bei Rund um Weingarten für die Erfurter Sportschülerin und um das Gelbe TMP-Trikot.

Auf Ansage wurden Sprintwertungen gewonnen und so auch das Rote Rewe-Bergtrikot (Larissa Luttuschka), das Grüne Sprinttrikot der B&H Spedition (Lisa Klein) sowie das Weiße Extenzo-Trikot für die beste Fahrerin des jüngeren Jahrgangs (Laura Süßemilch) in den Reihen des BDR gehalten. Die überragende Teamarbeit krönte Franziska Banzer mit einem Solosieg in Weingarten. Als sie am letzten Berg antrat, konnte keine ihrer Konkurrentinnen folgen.

Auf der letzten Etappe „Rund um Waltershausen“ sah man die BDR-Mädchen ständig in Front, lediglich der Tagessieg ging an die Einzelstarterin Alina Lange (Cölner Straßenfahrer 08). „Ich bin total kaputt und nur noch ins Ziel gerollt“, Franziska Banzer zeigte sich im Ziel etwas frustriert, da man Punkte verschenkt und so das Grüne Trikot in Gefahr gebracht hatte. Ihrer Sorge war unnötig – alle Wertungstrikots wurden vom Nationalteam verteidigt.

Diese Machtdemonstration blieb auch der Waltershäuserin Vera Hohlfeld nicht verborgen. Die Olympiavierte von Atlanta und Organisatorin der Thüringen-Rundfahrt für Frauen war oft an der Strecke zu sehen und hielt wohl auch Ausschau nach zukünftigen Fahrerinnen für ihr Maxx-Solar-Frauenteam.

Im 90-köpfigen Starterfeld der Schüler (U15) redeten von Anfang an die Fahrer der Mannschaft Brandenburg I ein gewichtiges Wörtchen bei der Preisvergabe mit. Fahrer aus der Cottbuser Talenteschmiede von Bernd Drogan standen allein bei den Prolog-Rennen am Freitag schon neun Mal in allen Altersklassen auf dem Siegertreppchen.

Das Gelbe holte sich allerdings der Erbacher Jonas Rutsch vom Hessischen Radfahrerverband. Der Hesse gab sich von Anfang an zuversichtlich. „Ich will das Zeitfahren gewinnen und dann vielleicht durch Zeitbonifikationen das Gelbe über die zwei Etappen verteidigen“, so der Sechste des Vorjahres. Dem Odenwalder liegen die bergigen Strecken, Rutsch gewann dieses Jahr bereits das Rennen von Karbach. Wie angesagt gewann er das Zeitfahren und verteidigte das Gelbe auch auf der 2. Etappe um Weingarten, obwohl die starken Brandenburger mit zwei Teams gegen ihn fuhren.

In Waltershausen reagierte Jonas Rutsch stark, als in der letzten Runde der Rote Nik Schröter (Brandenburg) davon fuhr, schaffte er wieder den Anschluss und verteidigte so Gelbe erfolgreich. Der letzte Tagessieg ging nach einem langgezogenen Zielsprint an Felix Zschocke (Burghardt Junior-Team). Luca-Felix Happke, der starke Unnaer Querfeldeinfahrer vom Landesverband NRW, gewann den Spurt des Feldes und sicherte sich somit das Grüne Trikot. Rot blieb bei Schröter, Weiß ging an Lorenz Baumgärtner vom Team Württemberg.

Im Feld der 161 Jugendfahrer (U17) sahen Radsportfachleute von Anfang an den Hannoveraner Leo Appelt (LV Niedersachsen) als Sieger der TMP-Tour. Immerhin hatte der 14-jährige Blondschopf in Waltershausen 2010 schon den dritten Platz und im vergangenen Jahr sogar den Sieg davon getragen.

Allerdings saß der vierfache Deutsche Schülermeister erst seit rund einem Monat wieder auf dem Rad – man hatte ihn wegen eines Loches in seiner Lunge operiert. Appelt gewann das Zeitfahren überlegen, verpasste aber beim Rennen um Weingarten im entscheidenden Moment den Sprung in eine sechsköpfige Ausreißergruppe.

Auch die ihn belauernden 18 Brandenburger – es waren drei Teams am Start – beobachteten wohl mehr jeden Tritt von Appelt, als das Renngeschehen. Appelt hatte nur wenig Hilfe aus den eigenen Reihen zu erwarten und sprach gar von einer „Dummheit des Feldes“, als er machtlos der Spitzengruppe hinterher sehen musste. Es siegte in Weingarten Patrick Haller (LV Bayern), Gelb wanderte an Sven Reutter (Team Württemberg) und Appelt wurde 45. – mit zwei Minuten Rückstand auf den Sieger.

Riesige Freude herrschte im Feld der zum dritten Mal bei einer TMP-Tour startenden Türken: Fethi Acar fuhr in Weingarten in der Spitzengruppe und gewann das Rote Rewe-Bergtrikot.

Am Sonntag in Waltershausen gab sich Sven Reutter vor dem Start zuversichtlich. „Die Berge sind meine Stärke, außerdem habe ich in unseren zwei Württemberger Mannschaften sechs richtig gute Leute, die mich unterstützen werden.“

Dennoch galt Reutter, Elfter der DM 2011 und BDR-Kader, als Außenseiter. Schon bald bildete sich eine vierköpfige Spitzengruppe um den Gelben – Appelt sprang diesmal sofort auf den Zug auf. Am achtprozentigen Stadtberg von Waltershausen setzte sich Leo Appelt in der vorletzten Runde schließlich ab und demonstrierte wieder seine bekannte Stärke. Bis zum Ziel fuhr er 31 Sekunden heraus – zu wenig, um am Gesamtsieg noch einmal zu rütteln.

Die starken Brandenburger Fahrer Lennard Kämna (Fischerhude) und Christian Koch, beide Schüler der Cottbuser Sportschule, landeten auf Platz zwei und drei, der Gelbe wurde Vierter. Das Hauptfeld spurtete mit einem Rückstand von drei Minuten über den Zielstrich am Waltershäuser Markt.

„Heute lief es super, so muss ein Rennen sein. Noch zwei Runden mehr und ich hätte mir das Gelbe auch noch geholt“, erklärte der fast rundum zufriedene Appelt im Ziel. Auch wenn der Fahrer vom heimatverein Blau-Gelb Langenhagen kein konkretes Saisonziel hat – „mal gucken was kommt“ – so steht doch ein großes Ziel für ihn fest: „Mit Radsport will ich später mal mein Geld verdienen.“

Somit blieb das Gelbe auf den Schultern von Sven Reutter (Team Württemberg), aber das Weiße Trikot für den besten Fahrer des jüngeren Jahrgangs war dem bärenstarken Leo Appelt nicht zu nehmen. Fethi Acar verteidigte das Bergtrikot und Sven Reutter zog über das Gelbe auch noch das Grüne Sprinttrikot der B&H Spedition.

Hauptsponsor der Tour ist die Firma TMP Fenster und Türen GmbH aus Bad Langensalza. Deren Geschäftsführer Bernhard Helbing ging nicht nur bei einem Prominentrennen mit seinem Kollegen Jörg Wellendorf auf einem Tandem an den Start, er sagte der Tour im Ziel auch eine gute Zukunft voraus. Im Jahr 2015 will Helbing die Tour zum 25-jährigen Bestehen seiner Firma nach 2010 zum zweiten Mal in die Rosenstadt Bad Langensalza holen.

Auch bei Sportlern und Trainern genießt die Tour ein hohes Ansehen. „Die TMP-Tour ist das erste überregionale Rennen im Jahr mit der gesamten deutschen Spitze“, fand der aus Gotha stammende Ingo Messerschmidt. Der Trainer des Stützpunktes Frankfurt/Oder nutzte das Rennen, um seine Brandenburger Radrennfahrer auf die am 3. Juni in Queidersbach stattfindende Süddeutsche Meisterschaft vorzubereiten. Die 30 Besten qualifizieren sich dort für die Deutsche Meisterschaft.

„Das sind echt harte Runden hier“, fand Franziska Banzer nach ihrem Erfolg in Weingarten. Lennard Kämna fand: „Das ist eine meiner Lieblingstouren, die Tour ist anspruchsvoller als andere.“ Und Leo Appelt will im nächsten Jahr als Fahrer des älteren Jugend-Jahrgangs wiederkommen und sich das Gelbe endlich holen.

Dirk Bernkopf

Impressionen von der TMP-Jugendtour gibt es hier!

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