Prof. Dr. Heiko Schmid neuer Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsgeographie der Uni Jena

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Es ist ein Gebäude der Superlative: Über 820 Meter ragt der Burj Khalifa in den Himmel Dubais. Auf 163 Etagen gibt es 900 Wohnungen und Büros. An dessen Fuß erstreckt sich mit der Dubai Mall zudem das größte Einkaufszentrum der Welt mit über 1.000 Geschäften: „Es sind Superlative wie diese, die Jahr für Jahr über sieben Millionen Touristen aus aller Welt nach Dubai locken“, weiß Prof. Dr. Heiko Schmid von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der neu ernannte Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsgeographie geht dem Erfolgsgeheimnis solch spektakulär inszenierter Stadtlandschaften auf den Grund.

„Städte wie Dubai sind sicherlich Extrembeispiele einer postmodernen Stadtentwicklung“, sagt der 39-Jährige. „Doch sie spielen eine Vorreiterrolle in Sachen Kommerzialisierung und Erlebnisorientierung in der globalisierten Welt von heute.“ Doch nach welchen Kriterien müssen derartige Stadtökonomien strukturiert sein, damit sie ihre Wirkung als Magnet für Besucher und Investoren entfalten und so letztendlich wirtschaftlich erfolgreich sind? Das hat Heiko Schmid in seiner Habilitation analysiert, die er 2008 an der Universität Heidelberg abschloss.

Als Schlüssel zum Erfolg sieht er das Phänomen der Faszination. „Der Begriff kommt vom lateinischen ,fascinatio‘ – was man mit ,verzaubern‘ oder auch ,verhexen‘ übersetzen kann“, erläutert Schmid. Touristen würden gezielt „verführt“, müssten sich aber andererseits auch „verführen“ lassen wollen, so der gebürtige Karlsruher. Beide Seiten – sowohl die Anbieter als auch die Konsumenten – tragen folglich zum wirtschaftlichen Erfolg der Kunst- und Erlebniswelten bei. Ein Prinzip, das aber keineswegs nur in spektakulären Megastädten wie Dubai oder Las Vegas greife: „Beispiele, wie über Faszination Räume hergerichtet und verändert werden, lassen sich überall finden, auch in Jena“, macht Schmid deutlich. Jeder, der heute ein x-beliebiges Einkaufszentrum betritt, taucht ein in eine inszenierte Welt: Angenehme Musik empfängt die Konsumenten, oft verbreiten Duftsäulen wohlige Gerüche und ein ausgeklügeltes Beleuchtungskonzept setzt die Waren in Szene. „All das schafft dem Konsumenten ein Einkaufserlebnis.“

Das urbane Leben und die „Geographie der Faszination“ interessieren Heiko Schmid bereits seit seinem Studium. Neben Geographie, Geologie und Empirischer Kulturwissenschaft in Tübingen hat er auch Städtebau in Stuttgart studiert. Schon während des Studiums führten ihn Exkursionen und Praktika häufig in den Nahen Osten. Nach dem Studium forschte er in Beirut als Gastwissenschaftler am Orient-Institut der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft und untersuchte den Wiederaufbau des Beiruter Stadtzentrums nach dem Ende des libanesischen Bürgerkriegs. Zu diesem Thema wurde er 2001 an der Uni Heidelberg auch promoviert. Seither hat ihn sein wissenschaftlicher Weg immer wieder in den Orient geführt: So u. a. in die Vereinigten Arabischen Emirate, wo er 2005 als Gastprofessor an der American University in Sharjah lehrte, oder 2009 zu einer Kurzzeitdozentur des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) an die Universität in Amman (Jordanien).

Neben seinem Schwerpunkt Wirtschaftsgeographie und Konsumforschung wird sich Heiko Schmid an der Uni Jena auch Aspekten des Tourismus und der Energiewirtschaft widmen. Auch dabei, so unterstreicht er, spielten Inszenierungen und Vorstellungen eine bedeutende Rolle. „Die Akzeptanz von Windparks oder Hochspannungstrassen hängt nicht allein von geeigneten geographischen Gegebenheiten ab.“ Häufig entscheiden darüber vor allem „geographische Imaginationen“, also fiktive Vorstellungen über entstehende Nachteile oder auch Vorteile, die nicht immer mit der Wirklichkeit übereinstimmen und häufig aus politischem Kalkül projiziert werden.

Das geographische Umfeld seiner neuen Heimat in Thüringen hat der begeisterte Radfahrer übrigens bereits ausgiebig erforscht. Im kommenden Jahr will er mit seiner Frau nach Jena ziehen.

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