Rockets verlieren im letzten Heimspiel 2014

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Denis Wucherer hat in seiner langen Karriere als Basketball-Profi viel erlebt. Insgesamt 123 Länderspiele absolvierte der Shooting Guard für Deutschland. Bei der Europameisterschaft 2005 in Serbien und Montenegro gewann er mit dem Team um Dirk Nowitzki die Silbermedaille – der größte internationale Erfolg in Wucherers Laufbahn. Seit der vergangenen Saison ist der 41-Jährige Head Coach der Gießen 46ers, die gestern bei den Oettinger Rockets Gotha gastierten und am Ende einer intensiven und dramatischen Partie mit 61:59 (29:33) triumphierten. Im Anschluss sagte Denis Wucherer: „Wenn ich es mir aussuchen dürfte, dann würde ich jedes Auswärtsspiel in Würzburg oder Gotha absolvieren – also da, wo was los ist. Die Atmosphäre in der ,Blauen Hölle’ ist wirklich besonders. So wie unser Sport hier angenommen und auf Biegen und Brechen unterstützt wird, das ist wirklich à la bonne heure und verdient den größten Respekt!“
Dieses Kompliment kam keineswegs von ungefähr. Denn zum zweiten Mal in Folge war die „Blaue Hölle“ restlos ausverkauft – zu den Zuschauern zählte auch Rudi Völler, der erstmals eine Partie seines Sohnes Marco live in Gotha verfolgte. Und zum zweiten Mal zelebrierten die Fans zweier Top-Teams der 2. Basketball-Bundesliga ProA ein Spitzenspiel, das von der ersten bis zu letzten Sekunde packenden Sport bot. Doch während die Rockets zuletzt gegen Liga-Primus s.Oliver Baskets einen knappen Heimsieg (77:74) feiern konnten, blieb das Happy End dieses Mal aus.

Zwar endeten mit dieser Last-Second-Niederlage die beiden stolzen Serien mit sechs Erfolgen in Serie und sechs Heimsiegen in Folge. Doch sowohl der Anhang als auch Gothas Head Coach Chris Ensminger nahmen es sportlich – niemand konnte oder wollte der Mannschaft einen Vorwurf machen. Schließlich hatten die Rockets eine leidenschaftliche Teamleistung gezeigt und einmal mehr gefightet, als gäbe es kein Morgen mehr.

Zudem: Auch nach Abschluss des 14. Spieltages liegt das BiG-Team auf Rang vier der Tabelle und somit sechs Plätze weiter vorne als zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison.

Auch deshalb wurden die Rockets unmittelbar nach dem bitteren Ende der Partie mit stehenden Ovationen gefeiert. Derweil sagte Chris Ensminger bei der abschließenden Pressekonferenz: „Glückwunsch an Denis Wucherer und sein Team. Es war die erwartete Schlacht zwischen zwei starken Defense-Teams, in der wir lange Zeit sehr gut im Rennen lagen. Doch gen Ende konnte Gießen den Druck erhöhen, wir mussten der hohen Intensität etwas Tribut zollen und haben am Ende knapp verloren. Aber so ist das nun mal im Basketball: In ganz engen Spielen geben Kleinigkeiten den Ausschlag. Wichtig für uns ist, dass wir aus dieser Niederlage lernen und es nächste Woche wieder besser machen!“

Zum Matchwinner avancierte gestern Abend kurz vor 21 Uhr Björn Schoo. Gießens Center markierte knappe zwei Sekunden vor Ultimo mit einem spektakulären Put-Back-Dunk das 61:59 (40.) für sein Team. Chris Ensminger nahm eine Auszeit. Anschließend gab es Einwurf für die Rockets an der Mittellinie. Zwar fand Matt Vests Anspiel den unter dem gegnerischen Korb postierten Will Reinke, der den Ball in der Luft fangen und aus Nahdistanz sofort gen Ring werfen konnte. Doch vor ihm schraubte sich abermals Björn Schoo in die Luft, blockte den Wurf und begrub die Hoffnung auf eine Verlängerung und ein Happy End.

Ausgerechnet Björn Schoo: Gießens 2,13-Meter-Hüne beglich mit dem gelungenen „Schoo-Down“ auch eine offene Rechnung. Bei seinem letzten Auftritt in der „Blauen Hölle“ im März dieses Jahres trug er noch das Trikot der Kirchheim Knights. Die mussten sich zum Abschluss Hauptrunde bei den Rockets geschlagen geben (96:82) und verpassten durch diese Niederlage den Einzug in die Playoffs. Nun gab’s sozusagen die persönliche Revanche.

Allerdings hätte es soweit nicht kommen müssen. Denn die Rockets kontrollierten über weite Strecken die Partie, in der auf beiden Seiten die Defense das Geschehen prägte. Wegweisend dafür war ein starker Beginn, an dem vor allem Evan Harris großen Anteil hatte. Auf unnachahmliche Weise sorgte er für die ersten Punkte der Begegnung: Einem erfolgreichen Drei-Punkt-Spiel ließ Gothas Center, der 8 seiner insgesamt 10 Zähler im Auftaktviertel erzielte, einen Korbleger folgen. Kurz darauf brachte Gießens Kubaner Yorman Polas die Gäste zum ersten und vorletzten Mal in diesem Spiel in Führung (6:5 / 2.), ehe Carlton Guyton den ersten Dreier zum 8:5 (3.) für die Rockets versenkte.

Für die spektakulärste Aktion der Gothaer im gesamten Spiel sorgte derweil Matt Vest schon im ersten Durchgang. Nach einem tollen Anspiel von Carlton Guyton zog der US-Amerikaner unwiderstehlich zum Korb und schloss mit einem krachenden Dunk zum 16:13 (8.) ab.

Mitte des zweiten Viertels konnten sich die Rockets dann zum ersten Mal deutlich absetzen. Abermals war Evan Harris zur Stelle. Nach seinem erfolgreichen Korbleger zum 30:19 (16.) führten die Hausherren erstmals zweistellig. Doch die Freude über die deutliche Führung währte nicht lange. Bis zur Pause (33:29) kam Gießen wieder auf Schlagdistanz heran.

Das Startsignal für die zweite Halbzeit gab Brad Lösing mit einem erfolgreichen Dreier zum 36:29 (21.). Doch schon kurz darauf hatten sich die Hessen wieder auf einen Punkt herangekämpft (38:37 / 24.). Anschließend konnten sich die Gothaer mit einem 8:0-Lauf ein erneutes Mal zweistellig absetzen (50:39 / 28.). Doch selbst nachdem ihnen Will Reinke (53:43 / 32.) und Carlton Guyton (55:43 / 32.) ihrem Team im Schlussdurchgang einen Traumstart beschert hatten, war noch keine Vorentscheidung gefallen. Ausschlaggebend dafür war nicht zuletzt, dass den Gothaern nun in einigen Situationen schlicht das Wurfglück fehlte und ihnen im Eifer des Gefechts zu viele Turnovers (allein 7 im vierten Viertel) unterliefen.

Und so kam es, dass Gießen den Spieß umdrehte. Konnten die Rockets vor einem Jahr bei den 46ers im vierten Abschnitt einen 17-Punkte-Rückstand aufholen und nach mit 2 Punkten Vorsprung gewinnen, so waren es dieses Mal die Hessen, die in den letzten Spielminuten aus einem 12-Punkte-Rückstand eine 2-Punkte-Führung und einen knappen Auswärtssieg machten.

Derweil richten die Rockets und ihre Fans den Blick optimistisch nach vorne: Am nächsten Samstag müssen die Gothaer bei den Niners der BV Chemnitz 99 antreten. Dann soll die Auswärtsserie fortgesetzt werden. Jüngst hatten die Rockets bekanntlich dreimal in Folge „on the road“ gewonnen, zuletzt das Thüringen-Derby bei Science City Jena.

Oettinger Rockets Gotha – Gießen 46ers 59:61 (33:29)

Viertel: 18:15 / 15:14 (33:29) / 18:14 (51:43) / 8:18 (59:61)

Oettinger Rockets Gotha: Guyton (17 Punkte / 2 von 2 Freiwürfen / 1 Dreier), Fülle (3 / 0 von 1 / 1), Hoffmann, Kreis, Harris (10 / 2 von 2), Baker, Vest (5 / 1 von 1), Völler (3 / 1 von 2), Reinke (8), Lösing (9 / 3 von 4 / 2), Kuppe (4 / 1 von 2 / 1)

Gießen 46ers: Marhold (10 / 2 von 2), Bekteshi, Polas (7 / 1 von 2), DiLeo (7 / 1 von 2), Palm (13 / 4 von 4 / 3), Lischka, Malu (4 / 2 von 2), Wells (10), Schoo (10 / 0 von 2)

Zweier Gotha: 22 von 59 (37 Prozent)
Zweier Gießen: 24 von 58 (41 Prozent)

Dreier Gotha: 5 von 19 (26 Prozent)
Dreier Gießen: 3 von 11 (27 Prozent)

Freiwürfe Gotha: 10 von 14 (71 Prozent)
Freiwürfe Gießen: 10 von 14 (71 Prozent)

Rebounds Gotha: 40 (8 Offense / 32 Defense)
Rebounds Gießen: 34 (4 / 30)
Assists Gotha: 7
Assists Gießen: 8
Ballverluste Gotha: 15
Ballverluste Gießen: 12
Ballgewinne Gotha: 5
Ballgewinne Gießen: 4
Zuschauer: 1742 (ausverkauft)