Gotha (red/ka, 15. April). Mithilfe von Bäumen könnten mit Mikroplastik belastete Böden saniert werden. Erstmals hätten Forschende unter Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) gezeigt, dass die Hänge-Birke während der Wachstumsphase Mikroplastik über die Wurzeln aufnimmt, berichtet Kat Austen vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB).
Bisher wisse man wenig darüber, wie Mikroplastik mit Landpflanzen höherer Ordnung interagiert. Jüngste Studien hätten gezeigt, dass Mikroplastik in den Wurzeln landwirtschaftlich genutzter Pflanzen wie Weizen aufgenommen wird.
Das Forschungsteam des IGB und vom Geo-Forschungszentrum Potsdam (GFZ) hätten nun in einem interdisziplinären Vorreiterprojekt erstmals gezeigt, dass auch längerlebige Gehölze wie Bäume Mikroplastik in ihr Gewebe aufnehmen und speichern.
Birken werden schon zur Bodensanierung genutzt
Die Hänge-Birke (Betula pendula Roth.) wird bereits zur Sanierung kontaminierter Böden eingesetzt, weil sie industrielle Schadstoffe und Schwermetalle in ihrem Gewebe speichern kann. Mikroben, welche die Bäume besiedeln, können dann die polyaromatischen Kohlenwasserstoffe und Schwermetalle abbauen. Da diese Baumart zudem flach unterhalb der Bodenoberfläche wurzelt, wo die Mikroplastikverschmutzung nachweislich am höchsten ist, wählte das Team die Hänge-Birke für ihre Studie aus.
Bis zu 17 % der untersuchten Wurzelabschnitte nahmen Mikroplastik auf
Die Forschenden markierten Mikroplastikkügelchen (5-50 μm) mit fluoreszierendem Farbstoff und gaben sie in die Erde von eingetopften Bäumen. Nach fünf Monaten untersuchten sie Wurzelproben mithilfe von Fluoreszenz- und konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie. Sie fanden fluoreszierendes Mikroplastik in verschiedenen Abschnitten und Schichten des Wurzelwerks. Der prozentuale Anteil der Wurzelabschnitte mit Mikroplastikpartikeln betrug bei den Versuchsbäumen 5–17 %.
„Die Aufnahmerate von Mikroplastik und die Auswirkungen auf die kurz- und langfristige Gesundheit der Bäume müssen noch untersucht werden. Aber diese Pilotstudie deutet darauf hin, dass die Birke ein echtes Potenzial für langfristige Lösungen zur Bodensanierung hat. Das gilt auch für die Verringerung der Menge an Mikroplastik im Boden und möglicherweise im Wasser“, sagt Kat Austen, die Hauptautorin der Studie.
Studie mit dem IGB: Verschmutzung von Böden durch Mikroplastik größer als in Meeren
Weltweit werden jährlich mehr als 400 Mio. Tonnen Plastik produziert. Schätzungsweise ein Drittel allen Plastikmülls findet dabei seinen Weg in Böden oder Binnengewässer. Ein Großteil dieser Plastikteile zerfällt in Partikel kleiner als fünf Millimeter, also in Mikroplastik, und weiter in Nanopartikel mit einer Größe von weniger als 0,1 Mikrometer.
Die Verschmutzung durch Mikroplastik an Land ist dabei viel größer als in den Meeren – sie wird je nach Umgebung auf das vier- bis 23-fache geschätzt.
Ein wichtiger Faktor zur Verbreitung von Mikroplastik ist beispielsweise Abwasser. 80–90 % der darin enthaltenen Partikel, etwa von synthetischen Kleidungsfasern, verbleiben im Klärschlamm. Der wird in Deutschland zum Großteil verbrannt.
Weltweit wird er zum Teil aber auch als Dünger auf Felder ausgebracht, wodurch jährlich viele Hunderttausend Tonnen Mikroplastik auf und in den Böden landen {Quelle (engl.): Plastikatlas 2020}.
Daher sind die Mikroplastikkonzentrationen auf Feldboden auch besonders hoch – genauso wie an Straßenrändern, denn der Reifenabrieb ist eine weitere bedeutende Quelle für Mikroplastik.
Studie des IGB in „Global Change Biology“ von 2018 zu Mikroplastik in Böden >