Das geheime Leben der Stadtverwaltung

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Bereits im März  2013 stellten KIJ und das Dezernat Stadtentwicklung fest, dass es rechtliche Probleme mit dem Bebauungsplan für den Eichplatz geben könnte. Ein diesbezügliches Rechtsgutachten wurde in Auftrag gegeben. Gleichzeitig forderte man von der Firma GMA, die jetzt auch den Zuschlag bekam, ein Angebot zur Erstellung eines Einzelhandelsgutachtens an. Nur der Stadtrat und seine Ausschüsse erfuhren davon nichts.

Noch am 2. Mai wurde von Stadtarchitekt Dr. Matthias Lerm im Stadtentwicklungsausschuss erklärt, es gäbe keinerlei Probleme mit der geplanten Einzelhandelsfläche. Die – nicht existente – Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes von 2007 wäre mit den geplanten neuen Verkaufsflächen in einer Größe von 10.000 bis 15.000 Quadratmetern vereinbar. Nur einen Tag später kam man zu dem Schluss, dass es sehr wohl ein Problem gibt und ein neues Gutachten erforderlich ist. Auf der öffentlichen Sitzung der Werkausschüsse von KIJ, KSJ und des Stadtentwicklungsausschusses am 16. Mai machten die Vertreter der Opposition ihrem Ärger entsprechend Luft. Weniger der aktuelle Stand der Eichplatzplanung als vielmehr der Umgang der Verwaltung mit ihrem obersten Dienstherrn, dem Stadtrat, war das vorherrschende Thema.

Fakt ist: Über zwei Monate wurden Informationen systematisch zurückgehalten, Stadträte mit Diskussionen über Fassadengestaltung beschäftigt, Fragen nach der Nutzung jedoch immer wieder abgeblockt. Die Vertrauensbasis zwischen Rat und Verwaltung hat mehr als ein paar Schönheitsreparaturen nötig.

Das jetzt bei der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) in Auftrag gegebene Gutachten kam nicht zuletzt aus Angst vor einer weiteren Klage der Bürgerinitiative „Mein Eichplatz – unser Jena“ zustande. KIJ-Werkleiter Götz Blankenburg äußerte, in dreißig anderen Städten würden entsprechende Baupläne ohne Schwierigkeiten umgesetzt, weil es da keine Bürgerinitiativen gäbe, in Jena aber müsste man sich wärmer anziehen.

Auf die Frage, warum man unbedingt eine Gutachterfirma beauftragen musste, deren Niederlassungsleiter im Stiftungsrat der ECE-nahen Stiftung „Lebendige Stadt“ sitzt, wird man wohl so bald keine transparente und nachvollziehbare Antwort erhalten.

Das skandalöse Verhalten der Eigenbetriebe und Dezernate zeigt einmal mehr, dass Jena in Sachen Transparenz ein riesiges Defizit hat. Die PIRATEN Jena wollen sich im Stadtrat für mehr Offenheit und ein Ende des geheimen Herrschaftswissens einsetzen. „Bürgerbeteiligung ist für uns politischer Anspruch, Aufgabe und Ziel zugleich – und keine lästige Pflicht“, sagt dazu Bastian Ebert, Vorsitzender der PIRATEN Jena. „Der derzeitige Stadtrat hat dagegen die Hinweise und berechtigten Einwände von Bürgern zwei Jahre lang ignoriert und lässt zu, dass er von der eigenen Verwaltung an der Nase herumgeführt wird.“

PIRATEN Jena