Kein Kavaliersdelikt

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Die Schule zu schwänzen ist entgegen manch landläufiger Meinung kein Kavaliersdelikt. Fehlen Kinder und Jugendliche mehrfach unentschuldigt im Unterricht, geht das Schulverwaltungsamt im Kreisgebiet den Vorfällen nach. 2011 hatte die Behörde 167 Verfahren wegen Schulbummelei eingeleitet – 42 mehr als noch im vorangegangenen Jahr.

Und auch die Zahl der absoluten Fälle, die hinter den Verfahren stehen, ist nach oben gegangen: 2011 standen 106 Fälle dem Vorjahreswert von 91 entgegen. „Die Ursachen für den Anstieg sind nicht zwangsläufig mehr Schulschwänzer in der Summe“, hebt Schulverwaltungsamtsleiter Jürgen Seiring hervor, „sondern vielmehr auch die zunehmende Sensibilität der Schulleitungen bei der Anzeige von Bummeleien.“ Seit 2009 existiert ein neues und standardisiertes Verfahren, das gut angenommen und praktiziert wird.

„Wir haben uns dem Thema gemeinsam mit den Schulen und dem Staatlichen Schulamt genähert und dabei auch grundlegende Fragen von Zuständigkeiten, Meldepflichten und Sanktionen im Detail geklärt“, sagt Seiring. Darüber hinaus habe sich zudem herumgesprochen, dass die Schulverwaltung dem Fernbleiben vom Unterricht konsequent nachgeht. „Die Schulpflicht existiert nicht ohne Grund – eine abgeschlossene Schullaufbahn ist für junge Menschen das wesentliche Fundament für ihre weitere Entwicklung, deshalb müssen wir hier frühzeitig gegensteuern, wenn Kinder und Jugendliche der Schule nicht zum Unterricht erscheinen.“

Fünf Euro Bußgeld je Fehltag – schlimmstenfalls droht Arrest

Wenn Mädchen und Jungen wiederholt unentschuldigt fernbleiben, meldet das die Schulleitung an das Staatliche Schulamt Westthüringen, das wiederum den Sachverhalt nach Prüfung an das Schulverwaltungsamt weitergibt. Es eröffnet ein Ordnungswidrigkeitsverfahren, das sich gegen die Eltern bzw. auch gegen Jugendliche selbst richten kann. Durch Verhängung von zunächst Verwarn-, später Bußgeldern – die Regel sind fünf Euro je geschwänzten Schultag – sollen die Freigänger an ihre Verpflichtung erinnert werden. Folgt diesem symbolischen „Schuss vor den Bug“ keine Einsicht, werden die Beträge zur Vollstreckung übergeben. In der Regel landet das Verfahren dann mangels Zahlungsbereitschaft vor Gericht – das dann ersatzweise gemeinnützige Arbeit oder aber auch Jugendarrest anordnen kann. Letzteres verfügte die Justiz 2011 immerhin 37-mal, gemeinnützige Arbeit insgesamt 46-mal.

„Diese finale Stufe zeigt: Mit Schulverweigerung ist nicht zu spaßen“, sagt Jürgen Seiring. Er appelliert auch gleichzeitig an eine Kultur des Hinschauens, die vor allem im Familien- und Bekanntenkreis gelebt werden sollte. „Wenn Kinder in schulpflichtigem Alter vormittags anderswo gesichtet werden, sollte das Anlass zur Nachfrage geben.“

Die Ursachen, warum der Unterricht gemieden wird, können vielfältig sein – in der Regel aber deuten sie als Spitze des Eisbergs tiefgehende Probleme in den Familien an. Aus diesem Grund stehen Schulverwaltung und Jugendamt auch in ständigem Austausch.

Fakten zur Schulschwänzerei

➢    die meisten Verfahren eröffnete die Schulverwaltung 2011 gegen Berufsschüler (124)
➢    die wenigsten Schulschwänzer wurden 2011 von den Gymnasien gemeldet (3), gefolgt von den Grundschulen (4)
➢    Förderschulen (14) und Regelschulen (22) verzeichneten die meisten Schulschwänzer der allgemeinbildenden Schulen 2011
➢    37 Gerichtsverfahren endeten 2011 mit Jugendarrest, 46 mit der Verhängung von gemeinnützigen Arbeiten
➢    17 Verfahren aus 2011 sind derzeit noch beim Amtsgericht anhängig