Musical ELISABETH – Die wahre Geschichte der Sissi

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Der Musical-Welterfolg von Michael Kunze und Sylvester Levay feiert sein 20jähriges Bühnenjubiläum mit Deutschland-Tournee

Nun kann man denken was man will. Die großen Musicals Europas  gibt es nun mal nur in London, Hamburg, Köln oder Bochum. Sich vorzustellen,  es könnte ein erfolgreiches Musical in der Landeshauptstadt gespielt werden, gelingt nicht. Bis heute! Und von wegen erfolgreich.

Elisabeth – Die wahre Geschichte der Sissi –  ist das erfolgreichste deutschsprachige Musical  aller Zeiten.

Seit gestern logiert der Hofstaat tatsächlich in der Landeshauptstadt.

Annemieke van Dam als Elisabeth


In Frau Wolfs Salon rollt der Rubel. Während sich die Damen im Rotlicht-Etablissement der solventen Kundschaft präsentieren, stopft die Chefin Geldscheinbündel in die neben ihr stehende Registrierkasse. Über die rückwärtige Projektionsfläche kullern indes Goldmünzen und illustrieren den wirtschaftlichen Erfolg des Amüsierbetriebs.

So erfolgreich ist auch die vor 20 Jahren in Wien uraufgeführte Produktion über das wahre Leben der berühmten österreichischen Kaiserin.
Drei Viertel des Kreativ-Teams der Uraufführung (Regisseur Harry Kupfer, Bühnenbildner Hans Schavernoch und Choreograf Dennis Callahan) haben die Original-Show in eine überaus sehenswerte Tournee-Version verwandelt.
Es gibt den, von der rechten Bühnendecke hinabschwebenden, an Luchenis Todesfeile erinnernde Steg, auf dem sich Sissis Mörder und der Tod bewegen.  
Die neu gestaltete Rückwand besteht aus fünf hochfahrbaren Rechteck-Toren, durch die das Mobiliar für einzelne Spielorte in Windeseile herein- und wieder heraustransportiert wird.

Atmosphäre zaubern darauf die Projektionen, deren Bilder teilweise aus der Wiener Version übernommen worden sind (Alpenpanorama mit Maibaum oder Gemälde mit einer gaffenden Menge im Stil von Otto Dix).  Aufgrund des technischen Fortschritts fällt die Fahrt der jungen Verlobten im Riesenrad des Wiener Praters spektakulär aus.  
Die Kostüme (Yan Tax), allesamt sehr zurückgenommen und nahezu frei von optischen Spielereien wie Rüschen oder Schleiern, fügen sich nahtlos in die nüchterne Optik ein.

Strippenzieherin bei der Isolation der Kaiserin ist ihre Schwiegermutter Sophie, die Betty Vermeulen so herzlos spielt, dass es einen fröstelt. Mit eiskalter Schärfe dirigiert sie die ihr treu ergebenen Höflinge und lässt die Dienstmädchen wie Soldaten durch den Raum paradieren. Wunderbar!

Wunderbar sind auch die grandiosen Hauptdarsteller. Annemieke van Dam gibt die Elisabeth routiniert und absolut glaubhaft. Sie überzeugt schauspielerisch als junge Frau  wie  in den späteren Jahren,  auch wenn ihre Verbitterung der späten Jahre nicht so stark zur Geltung kommt.
Gesanglich brilliert sie mit klarer, reiner Stimme auf ganzer Linie. Ihre Stimme klingt bei „Ich gehör nur mir“ bis zum letzten Spitzenton lupenrein und steigert sich in ihrer Totenklage zu einer verzweifelten Lebensbilanz. Es ist eine Freude dieser wunderschönen und sympathischen  jungen Frau zu lauschen.

Mark Seibert als Tod überzeugt in dieser Rolle eindrucksvoll. Sowohl schauspielerisch, wenn er im Zusammenspiel mit Elisabeth oder Kronprinz Rudolf seine Macht demonstriert, als auch gesanglich. Hier sei besonders die starke, kraftvolle Interpretation von “Der letzte Tanz” erwähnt, die in einem stimmgewaltigen Finale, am Genfer See mit dem Kampf der Elisabeths in einer leidenschaftlichen Umarmung mit dem Tod, endet.

Auch wenn man, wie ich, nicht zu den absoluten Fans des Genres gehört, schaffte es dieses Ensemble die Besucher in der Messe Erfurt spannend und unterhaltsam in die Geschichte einzutauchen und zu begeistern.

Bis Sonntag ist das Musical noch zu sehen. Absolut sehenswert!

Text und Fotos: Holger John | VIADATA

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