Oberbürgermeister Knut Kreuch und Stiftungsdirektor Prof. Dr. Martin Eberle ziehen Bilanz ihrer Moskau-Visite

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Angelehnt an ein historisches Zitat eröffnete Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch die heutige Bilanzpressekonferenz mit dem Satz „Es waren Tage, um gute Freundschaft uffzurichten“. Denn bereits vor 342 Jahren, am 22. September 1674, luden Erbprinz Friedrich von Sachsen-Gotha-Altenburg (1646-1691) und Kanzler Ernst Ludwig Avemann (1609-1689) eine in Gotha weilende russische Gesandtschaft unter Leitung des Moskauer Diplomaten Simon Michailowitsch Protopopow zu einer Konferenz über „Religion, Commercien und dabei gute Freundschaft uffzurichten“ im Schloss Friedenstein ein.

 

Erste Ausstellung der Werke Lucas Cranachs in der russischen Geschichte, erste Gemäldeausstellung im Deutsch-Russischen Kulturdialog, erste Wiedervereinigung einer kriegsbedingt getrennten Gemäldesammlung – sind nur drei Schlagworte, um das am 3. März 2016 eröffnete, gemeinsame Projekt der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha und des Staatlichen Museums der Bildenden Künste A. S. Puschkin in Moskau zu charakterisieren.

 

Vom 29. Februar bis 4. März weilten Oberbürgermeister Knut Kreuch, Stiftungsdirektor Prof. Dr. Martin Eberle, Ausstellungs-kurator Dr. Timo Trümper und die Vorsitzende des Stiftungsrates, die Thüringer Staatssekretärin für Kultur und Europa, Dr. Babette Winter, letztere nur vom 3. bis 4. März, in der fünfzehn Millionen-Hauptstadt-Metropole Moskau, um das spektakuläre Ausstellungsprojekt zu begleiten. Während Prof. Dr. Martin Eberle und Kurator Dr. Trümper viele Stunden im Museum verbrachten, um letzte Hand anzulegen an die Gemälde bzw. Gespräche mit den Kollegen zu führen, hatte Oberbürgermeister Knut Kreuch ein straffes Besuchsprogramm zu absolvieren.

 

 

Bereits am Ankunftstag trafen sich Kreuch, Eberle und Trümper mit der Chefkuratorin des Puschkinmuseums Tatjana Potapowa, um wichtige Details des Arbeitsbesuches zu besprechen. Tatjana Potapowa war die erste russische Museumswissenschaftlerin, die im Jahre 2011 Gotha besuchte und seit dieser Zeit zu einer ganz bedeutenden Ansprechpartnerin im Gotha-Russischen-Museums-dialog geworden ist.

 

Am 1. März besuchte Kreuch am Vormittag die Alte Tretjakow-Galerie mit ihren umfassenden Sammlungen zur alten russischen Malschule. Die Tretjakow-Galerie zeigt mehr als 140.000 Kunstwerke und ist damit eines der größten Kunstmuseen Russlands. Von den Brüdern Tretjakow Mitte des 19. Jahrhunderts begründet, ist diese Galerie die wichtigste Sammlung russischer Kunst in der Welt. Ein wichtiges Treffen an diesem Tage war die Begegnung des Oberbürgermeisters mit Minister Michail Schwidkoi, dem Berater des russischen Präsidenten für Kultur und internationale Zusammenarbeit. Kreuch ist bisher bei jedem Besuch in Moskau mit dem Minister zu Gesprächen zusammengetroffen und Herr Schwidkoi erwies sich dabei als Wegbereiter der Zusammenarbeit. An diesem Gespräch nahm auch die Direktorin des Puschkin-Museums Marina Loschak teil. Minister Schwidkoi plant in diesem Jahr im Rahmen eines Deutschlandbesuches auch nach Gotha zu kommen, denn an seinen ersten Besuch im Jahr 1979 hat er noch sehr gute Erinnerungen, besonders liebt der studierte Theater-wissenschaftler das Ekhoftheater.

 

Gemeinsam mit dem Minister und der Direktorin ging Kreuch im Anschluss in die völlig überfüllte Residenz des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland, wo eine Vorpräsentation der Ausstellung gefeiert wurde. Botschafter Rüdiger Freiherr von Fritsch zeigte sich dabei begeistert von der Ausstellungsidee, gern hatte er zum ersten Male seine Botschaft für eine solche Veranstaltung geöffnet. Mehrere hundert Gäste waren der Einladung gefolgt, darunter die Botschafter der USA und der Niederlande. Botschafter von Fritsch lobte den Gothaer Kulturaustausch. Besonders intensiv ging Minister Schwidkoi in seinem Grußwort auf die seit fünf Jahren währende Partnerschaft ein und warb für mehr solche Projekte. Oberbürgermeister Knut Kreuch bedankte sich für die Gastfreundschaft, stellte die Stadt Gotha vor und die Gotha-Russischen Beziehungen, gleichzeitig präsentierte er ein extra für die Veranstaltungen entworfenes Faltblatt, dass beginnend im 17. Jahrhundert den Bogen der russischen Beziehungen bis heute spannt. Natürlich ließ es sich Kreuch nicht nehmen gleich mehrfach Gotha zu bewerben, denn nicht nur Cranachs aus Gotha waren im Saale, es erklang auch Musik von J. S. Bach, der 1717 in Gotha seine erste Passion zur Aufführung brachte und eine Pianistin schlug die Tasten auf einem Bechsteinflügel an, dessen Namensgeber natürlich auch 1826 in Gotha geboren ist. Bis spät in die Abendstunden ergaben sich Gespräche mit vielen Medienvertretern und die russische Presse sowie vier Fernsehkanäle überschlugen sich mit der Berichterstattung.

 

Der Morgen danach demonstrierte, wie man in Moskau mit dem Winterwetter umzugehen weiß. In der Nacht hatte es mindestens 150 Zentimeter geschneit und seit 6 Uhr in der Frühe fuhren Lastkraftwagen und schwere Fahrzeuge den Schnee aus der Stadt, so dass gegen 10 Uhr wieder reibungsloser Verkehr auf den zwölfspurigen Stadtstraßen herrschte. Für den 2. März hatte die deutsche Botschaft unter Federführung von Kulturattaché Botschaftsrat Dr. Werner-Dieter Klucke ein umfängliches Besuchs-programm zusammengestellt, dass morgens mit einer Besichtigung der Neuen Tretjakow-Galerie begann, wo die moderne Kunst Russlands ausgestellt wird. Diesem Besuch schloss sich ein Gespräch mit dem Direktorenstab des Gorki-Parks unter Leitung von Generaldirektorin Elena Tunyaeva an. In dem Gespräch betonte die Direktorin des größten Freizeitparks Russlands ihr besonderes Interesse an einer Zusammenarbeit, sie hatte sich gut über die historischen Parkanlagen der Stadt informiert und wünscht sich einen Ideenaustausch. Dr. Klucke hatte angeregt ein deutsches Blumenfeld anzulegen, wobei Oberbürgermeister Knut Kreuch sofort anbot eine Rose und eine Taglilie mit Namen Gotha beizusteuern. Insbesondere in Vorbereitung der Beteiligung Gothas an der Bundesgartenschau in Erfurt wünschen die Manager in Moskau einen Austausch mit den Gothaer Kollegen. Kreuch lud die Direktorin und ihre Kollegen zum Wissensaustausch nach Gotha ein, was gern angenommen wurde. Das Garten- und Park- und Friedhofsamt der Stadt Gotha wurde vom Oberbürgermeister gebeten die Kontakte aufzunehmen und vor Ort mit den Kollegen Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu besprechen. Nach dem Gorki-Park ging es zu einem Treffen mit dem Direktor der deutschen Schule Moskau, Uwe Beck, der in Bad Salzungen eine Partnerschule hat und sich mehr partnerschaftliche Kontakte wünscht. An der Deutschen Schule werden 400 Schüler von deutschen Diplomaten, Wirtschaftsleuten und russische Kinder unterrichtet. Der Oberbürgermeister erklärte sich gern bereit, wenn Gothaer Schulen Kontakte aufnehmen möchten, als Vermittler tätig zu werden. Wer Lust hat, soll sich deshalb bei Knut Kreuch melden.

 

Interessant wurde es am späten Nachmittag. Vermittelt durch das Moskauer Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung, besuchte Kreuch das Russische Staatsarchiv für soziale und politische Geschichte, wo viele deutsche Unterlagen aus der Zeit der Gründung der kommunistischen Bewegungen lagern. So befindet sich in Moskau ein großer Nachlass von Karl Marx und Friedrich Engels, deren Briefe er lesen durfte, Dokumente aus der Gründungszeit der SPD, aber auch der KPD und der Kommunistischen Internationalen. Die Duellpistolen von Ferdinand Lasalle oder die Aktentasche von Clara Zetkin bei der III. Kommunistischen Internationalen, durfte Gothas Oberbürgermeister sogar in die Hand nehmen. Im Gespräch mit dem Direktor des Archivs, Dr. Andrey K. Sorokin, bat Kreuch um Prüfung, ob Unterlagen über Gotha im Archiv vorhanden sind, so z. B. über die Gründung der USPD, die sich 2017 zum hundertsten Male jährt oder die Anfänge des Kommunismus, der 1918 in Deutschland an der Machtergreifung gehindert worden war. Direktor Sorokin freute sich über das rege Interesse und versprach sofort eine Prüfung vorzunehmen.

 

Am vorletzten Tag des Aufenthaltes in Moskau besuchte die gesamte Gothaer Delegation das Schloss Archangelskoje mit seinen riesigen Parkanlagen, welches bis 1918 der Fürstenfamilie Jussupov gehörte, einer der reichsten Familien Russlands. Den beiden Museumsfachleuten gingen bei der Besichtigung des reichen Interieurs in den Wohnräumen der Familie fast die Augen über. Dr. Trümper wünschte sich am liebsten sofort auch mit dieser musealen Sammlung ein Austauschprogramm. Bekannt geworden ist die Familie durch ihr Mitglied Felix Jussupov, welcher 1916 maßgeblich an der Ermordung des Wunderheilers Rasputin beteiligt war.

 

Am Nachmittag, um 15 Uhr, traf sich Gothas Oberbürgermeister mit der Präsidentin des Staatlichen Museums A. S. Puschkin, der 93jährigen vor Vitalität strotzenden Wissenschaftlerin Irina Antonowa, zu einem persönlichen Gespräch. Er dankte ihr, dass sie vor drei Jahren wichtige Weichenstellungen für die Zusammenarbeit vorgenommen hatte. Irina Antonowa berichtete von ihren aktuellen Projekten, die sie gemeinsam mit italienischen und französischen Wissenshaftlern erarbeitet.

 

Um 16 Uhr fand die internationale Pressekonferenz mit einer Besichtigung der Ausstellung statt. Die Besucher betreten das Museumsgebäude, gehen die etwa achtzig Stufen der Treppe hinauf und finden in den schönsten Ausstellungsräumen des Hauses die Cranach-Ausstellung unter dem Titel „Die Cranach Familie. Zwischen Renaissance und Manierismus“. Beteiligt an der Ausstellung sind Museen in Madrid, Budapest, Prag, Nischni Nowgorod, Sankt Petersburg und Gotha. Dabei ist die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha der größte Leihgeber mit 25 Werken. Wenn man weiß, dass nur zwei Werke ursprünglich dem Puschkinmuseum gehörten, aber 17 Werke als Besitz des Museums ausgeschildert sind, dann kann man erstmals erfassen, wie groß die Gothaer Cranach Sammlung in Wirklichkeit ist. „Für mich steht nun fest, Gotha hat die größte Cranach-Sammlung Deutschlands, sie ist eben auf zwei Standorte verteilt“ resümierte Oberbürgermeister Knut Kreuch nach der ersten Besichtigung.

 

Zur Eröffnung drängen sich mehr als tausend Gäste im italienischen Saal und vor dem Portal des Freiberger Doms. Hier sprachen die Direktorin des Hauses Marina Loschak, die Thüringer Staatssekretärin Dr. Babette Winter, der russische Kulturminister Prof. Wladimir Rostislawowitsch Medinski, der sich beim anschließenden Rundgang begeistert über die Ausstellung äußerte.

 

Die nächsten Projekte

Die Stiftung Schloss Friedenstein und das Staatlichen Museums A. S. Puschkin vereinbarten den Wissenschaftleraustausch mit jährlichen Treffen fortzusetzen. Bevor im Jahr 2017 die hochkarätige Ausstellung französischer Meister aus dem Puschkinmuseum in Gotha stattfindet, sollen Schüler die Werke der verbrachten Kunst in der Cranachsammlung und später alle im Moskauer Museum liegenden Werke malen, die mit Fotos begleitet in Gotha und Moskau ausgestellt werden sollen. Für 2019 kann sich Prof. Eberle die Ausstellung niederländischer und flämischer Meister aus dem Gothaer Sammlungen in Moskau vorstellen.

 

Resümee

„Als ich am 14. Oktober 2008 Dr. Dr. Walentina Tereschkowa den Friedenstein-Preis überreichen durfte, haben wir auch über kulturelle Projekte gesprochen, denn sie war Vorsitzende einer Arbeitsgruppe für internationale kulturelle Zusammenarbeit. Doch insbesondere durch die Bekanntschaft mit dem gebürtigen Gothaer Roland Strumpf, der im ZDF-Studio Moskau arbeitete, begann in jenem Jahr der Dialog nach Russland. Er schuf mit seinem Kollegen Juri Rylow, der bis heute unermüdlich für unsere Freundschaft und ihre Projekte arbeitet, die Kontakte in Moskau, die diesen erfolgreichen Kulturaustausch ermöglichten. Roland Strumpf ist heute in Kairo und Syrien unterwegs und so ist Juri Rylow Gothas Botschafter in Moskau. Durch ihn haben wir viel erreicht und ich bin sicher, dass wir auch in den nächsten Jahren, dank seines großartigen Netzwerkes, einen wichtigen Partner an unserer Seite wissen“ so Oberbürgermeister Knut Kreuch.