„Schlüssel zum Schloss“ übergeben

0
1012

Am 22. Februar erhielt der diesjährige Kurd-Laßwitz-Stipendiat der Stadt Gotha, Reinhard Griebner, auf Schloss Friedenstein eine Jahreskarte für die Museen der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Diese Gabe an den jeweiligen Stipendiaten ist schon zu einer Tradition geworden. Die Stiftung möchte auf diese Weise den Stipendiaten, die von Gotha schreiben und erzählen, die größten Schätze der Stadt ans Herz legen.

Dr. Roland Krischke, Direktor Kommunikation der Stiftung, überreichte dem Stadtschreiber in den Herzoglichen Gemächern im Nordflügel die Jahreskarte. Im Anschluss erhielt Reinhard Griebner eine private Führung durchs Schloss. Der neue „Teilzeit-Gothaer“ ist begeistert von der Fülle an Kunstschätzen im Schloss und von den prunkvollen Sälen.
Er bewunderte die Cranach-Gemälde in der Kirchgalerie, stattete dem kostbaren Elefanten aus Gold und Silber in der Kunstkammer einen Besuch ab und interessierte sich besonders für den außergewöhnlichen Gothaer Herzog Emil August, der sich die klassizistische Suite im Westflügel einrichtete.

Aber auch praktische Fragen kamen auf: Wie wäre es, wenn man heute im Schloss leben würde? Zieht es in den langen Gängen, ist es kalt? Wie und wo konnte man baden, welche Türen verbanden Herren und Dienstboten? Alles Fragen, um die es übrigens auch im Sommer bei den Sonderführungen zur Ausstellung „Märchenschloss Friedenstein“ gehen wird: Alltag im Märchenschloss. Eine nicht alltägliche Erfahrung machte der Autor im barocken Ekhof-Theater. Reinhard Griebner konnte sich hier gleich als Wettermacher für Gotha versuchen: Er durfte ausnahmsweise die Windmaschine bedienen, und danach ging es hoch hinaus, auf der steilen Treppe ganz nach oben zum Donnerschacht.

Besonders freut sich Reinhard Griebner auf die Jahresausstellung auf Schloss Friedenstein ab 13. Mai. Er selbst wird das Märchenschloss im Juni um eine Märchen-Lesung bereichern und weitere gemeinsame Veranstaltungen sind geplant. Auch für die Ausstellung zum „dreifach diplomierten Idioten“ Erich Spießbach interessiert sich der Schriftsteller sehr.

Erich Spießbach, ausgebildeter Künstler, arbeitete einige Jahre am Museum für Regionalgeschichte und Volkskunde in Gotha und war hier an Ausgrabungen und an der archäologischen Erfassung der Funde beteiligt. Bei ihm wurde, nachdem er viele Gerichtsprozesse angestrengt hatte, „Querulantenwahn“ diagnostiziert und er verbrachte zehn Jahre seines Lebens in einer Irrenanstalt. Doch auch dort schrieb er – wie zuvor – zahllose Eingaben an deutsche Gerichte, die er bei seinen erfolgreichen Ausbrüchen aus dem Gefängnis selbst einwarf. Er schuf aber auch künstlerisch interessante Zeichnungen, die Schlaglichter auf seine Zeit werfen: die dreißiger Jahre, aber auch die dunkle Zeit des „Dritten Reichs“.

Reinhard Griebner ist gespannt auf die Ausstellung, die viele Fragen aufwerfen wird. Denn, so überlegt er: Wo verlaufen die Grenzen zwischen Kunst und Wahnsinn, zwischen „normal“ und „wahnsinnig“? Wer definiert, was normal und was nicht mehr normal ist? Wie besonders – und wie normal – möchte man selbst sein?

Normal ist das Schloss auf keinen Fall, und auch seine Besucher sind etwas Besonderes. Und für diesen besonderen Besucher, für den Stadtschreiber Reinhard Griebner, steht schon fest: Er möchte noch oft durchs Schloss spazieren und sich an den reichen Schätzen freuen.

Foto: Reinhard Griebner mit Dr. Roland Krischke, Direktor Kommunikation (rechts) in den Herzoglichen Gemächern im Nordflügel
Foto: Jutta Reinisch © Stiftung Schloss Friedenstein Gotha