Seit 90 Jahren erstmals wieder Pomeranzen in Gothaer Orangerie

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Der Dienstag vor einer Woche war wirklich ein schöner Tag. Der Himmel war größtenteils blau und die Außentemperatur war nicht zu kalt und nicht zu warm. Ideale Rahmenbedingungen also für ein historisches Ereignis. Denn zum ersten Mal seit 90 Jahren wurde in der Gothaer Orangerie wieder eine Pomeranze gepflückt. Wie es dazu kam, berichtet Falk Böttger.

Am Dienstag, 17. Mai, fuhr ungewöhnlicherweise ein Möbelwagen auf das Gelände der Gothaer Orangerie. Voller Vorfreude erwarteten diesen schon Gartenmeister Peter Fischer und Parkverwalter Jens Scheffler. Aber nicht etwa Möbel kamen zum Vorschein, als die Tür zur Ladefläche geöffnet wurde. Nein. Das, was Parkverwalter Scheffler da mit drei Helfern aus dem Lkw schleppte, waren Orangenbäume. Genauer gesagt Pomeranzen, auch Bitterorangen genannt. Bis vor 90 Jahren gehörte diese Art von Pflanzen zum festen Bestand der Orangerie.
Aber wie kam es nach so vielen Jahren zu dieser besonderen Anschaffung?

Ausschlaggebend war ein Angebot der Orangerie Großsedlitz (Sachsen), zwölf Orangenbäume aus ihrem Bestand abzugeben. Die Gothaer Orangerie war daran sofort interessiert. Allerdings musste vorher die Finanzierung geklärt werden. Immerhin 1200 Euro kostet so ein Bäumchen. Mit Hilfe von Spenden konnten die erforderlichen Gelder aufgebracht werden. Auch der Orangerieverein Gotha beteiligte sich mit rund 15.000 Euro. Vereinsmitglied Gerno Harnisch erläutert, wie es zu der Spende kam: „In der Satzung des Orangerievereins heißt es, dass es ein Ziel des Vereins ist, den ursprünglichen Pfanzenbestand der Orangerie wieder herzustellen. Das Geld war damit dann auch kein großer Streitpunkt. Und wenn man die Pflanzen jetzt sieht, ist man doch begeistert!“

Begeistert waren auch Gartenmeister Fischer und Parkverwalter Scheffler. „Die Pomeranzen sind auf jeden Fall eine Bereicherung für die Orangerie“, sind sich beide einig. Allerdings ist der Pflegeaufwand nicht zu unterschätzen. Die Pflanzen müssen gedüngt und regelmäßig beschnitten werden. Ansonsten bekäme man ein Platzproblem in den Gebäuden der Orangerie. Zum Glück wachsen sie aber nur sehr langsam. Außerdem spielt das Klima eine wichtige Rolle. „Bevor sie für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können, müssen die Pomeranzen erst langsam an die Thüringer Luft gewöhnt werden. Sie kommen sozusagen erst mal in Quarantäne“, erklärt Jens Scheffler. Bei guter Pflege können die Pomeranzen bis zu 200 Jahre alt werden.

Wenigstens die Grundlage für dieses lange Leben will Gartenmeister Fischer legen.
Der 60-Jährige liebt seinen Beruf. Das Schönste sei es für ihn, wenn Besucher die Anlage würdigen: „Vor drei Jahren sagte mal ein englisches Urlauberpärchen, der Garten sei schöner als der der Queen.“ Ein größeres Lob kann es für einen Gartenmeister doch eigentlich nicht geben. Meint nicht nur Fischer …

Übrigens: Extra für Oscar pflückte Fischer die erste Pomeranze seit 90 Jahren in der Orangerie. Eigentlich ist das aber gar nicht gerne gesehen. Da die Pflanzen sehr empfindlich sind, besteht die Gefahr, beim Pflücken Schaden anzurichten. Bitterorangen schmecken übrigens wie sie heißen – bitter – und eignen sich daher nicht zum Rohverzehr.

Mehr zum Thema gibt es in Oscar-TV auf www.gothaer-internetzeitung.de!


Publiziert am: 27.05.2011, erschienen in der aktuellen Ausgabe von Oscar am Freitag