Stein, Schere, Papier: Raketen schlagen Drachen

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Seit vorgestern Abend, 20.35 Uhr, steht fest: Die Oettinger Rockets haben zum dritten Mal in Folge die Playoffs der 2. Basketball-Bundesliga ProA erreicht. Den letzten Schritt auf dem Weg zu diesem ersten wichtigen Meilenstein der Saison 2015/2016 legten die Gothaer mit einem ungefährdeten Heimsieg gegen Aufsteiger und Schlusslicht Dragons Rhöndorf zurück. Am Ende einer recht einseitigen Begegnung behielten die Hausherren mit 93:47 (41:18) die Oberhand.

Kein Wunder also, dass die gut gefüllte „Blaue Hölle“ einmal mehr gewaltig bebte. Die Zuschauer, unter ihnen auch Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee und Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch (beide SPD), feierten die Mannschaft mit stehenden Ovationen und mit ihr den vorzeitigen Einzug in die Aufstiegsrunde.

Dabei gab es noch mehr gute Gründe zum Jubeln: Durch den vierten Sieg in Folge haben die Rockets nunmehr 18 Saisonsiege eingefahren und somit bereits am 25. Spieltag einen Erfolg mehr auf der Habenseite als am Ende der gesamten Hauptrunde der Saison 2014/2015. Zudem kehrten sie gestern auf Platz drei der Tabelle zurück, was die Bilderbuch-Landung in den Playoffs perfekt machte.

Lediglich zu Beginn der Begegnung lief es bei den Gastgebern, die auf ihren angeschlagenen Top-Scorer Carlton Guyton verzichten mussten, nicht richtig rund. So markierte Rhöndorfs US-Boy Jordan Hamilton die ersten Punkte der Partie (0:2 / 2.), für den Ausgleich sorgte Chris Razis im Gegenzug. Wenig später erhöhte Gäste-Forward Alexander Angerer mit einem erfolgreichen Dreipunktspiel auf 5:2 (3.) – allerdings sollte das bereits die größte Gäste-Führung an diesem Abend gewesen sein. Denn im Anschluss zündeten die Rockets sämtliche Triebwerke. Mitte des Viertels kam Kapitän Marco Völler von der Bank, brachte sein Team 18 Sekunden nach der Einwechslung mit einem erfolgreichen Sprungwurf in Führung (10:9 / 7.) und gab somit das Startsignal für einen imposanten 13:1-Lauf, den Dilhan Durant, Gerard Gomila und Jannik Lodders mit drei Dreiern vollendeten.

Mit dem vierten erfolgreichen Wurf vom Perimeter in Folge eröffnete Max DiLeo das zweite Viertel (26:10 / 11.). Spätestens in dieser Phase wurden die Gäste der letzten Illusion beraubt – und zwar äußerst kompromisslos. Denn es folgten vier spektakuläre Rockets-Aktionen: Zunächst ließ es Marco Völler krachen (28:10 / 12.), kurz darauf war er mit einem Tip-In zur Stelle (30:12 / 14.). Keine halbe Minute später vollendete dann Delvon Johnson den nächsten Angriff mit einem Alley-Oop-Dunk (32:12 / 15.), ehe er kurz darauf ebenfalls mit einem Tip-In (36:12 / 15.) glänzte.

Folge: Die Partie war bereits vor der Pause entschieden. Schließlich wurde auf dem Feld ein Klassenunterschied deutlich – das räumte Gäste-Coach Christian Mehrens nach Spielende auch unumwunden ein. Er sagte: „Wir haben einfach nicht das Potenzial, um uns in der Liga zu halten – das haben die Gothaer uns heute schonungslos aufgezeigt. Sie haben ein tolles Spiel gemacht, sich gute Würfe erarbeitet und auch in dieser Höhe völlig verdient gewonnen!“

In der Tat fanden die Gäste auch nach dem Seitenwechsel kein wirksames Mittel, um den Rockets gefährlich werden zu können. Selbst die Bemühungen um Ergebnis-Kosmetik führten nicht zum gewünschten Erfolg. Das wiederum lag nicht zuletzt daran, dass die Gothaer bis zum Abwinken Vollgas gaben und keine Gnade kannten. Das traf auch auf Jannik Lodders zu, der auf dem Parkett auf seinen jüngeren Bruder Robin Carl traf.

Die Rockets beeindruckten Fans und Gegner gleichermaßen mit rasantem Teamplay und schier unbändiger Freude am Spielen. Allen voran Joe Lawson, der das dritte Viertel mit fünf Punkten in Folge eröffnete und allein in diesem Durchgang zwölf Zähler markierte. Letztlich brachte es Gothas Top-Scorer des Tages auf 20 Punkte und zehn Rebounds und legte somit bereits sein viertes Double-Double in dieser Saison auf.

So wuchs der Vorsprung kontinuierlich an, kurz vor Ende der Partie betrug er 49 Punkte (88:39 / 2.). Dass die Rockets letztlich die 100-Punkte-Marke nicht knacken konnten, war auch auf die schwache Freiwurf-Quote von 35 Prozent (6 von 17) zurückzuführen. Allerdings spiegelte sich darin auch die vielleicht kurioseste Szene der Partie wider. Kurz vor Ultimo verlor Delvon Johnson bei einem Zweikampf eine Kontaktlinse – die er zunächst auf dem Parkett suchen musste und etwas beeinträchtigt die folgenden Freiwürfe verwarf.

„Wenn wir die Freiwurf-Quote und die ersten Minuten mal ausblenden, dann kann ich sehr zufrieden sein mit dem, was wir heute gezeigt haben – das war eine starke Leistung der gesamten Mannschaft, die sich in 25 Assists bei lediglich zehn Ballverlusten deutlich widerspiegelt“, sagte Rockets-Coach Chris Ensminger und zeigte sich beeindruckt, dass die Fans sein Team bis zur letzten Sekunde lautstark angefeuert haben, obwohl die Entscheidung längst gefallen war. Dennoch mahnte er in der Stunde des deutlichsten Sieges seit dem Aufstieg in die ProA: „Wir dürfen dieses Spiel natürlich nicht überbewerten, sondern müssen die gute Entwicklung der letzten vier Wochen fortsetzen und den Endspurt der Hauptrunde erfolgreicher gestalten als vergangene Saison!“

Oettinger Rockets Gotha – Dragons Rhöndorf 93:47 (41:18)

Viertel: 23:10 / 18:8 (41:18) / 29:24 (70:32) / 23:15 (93:47)

Oettinger Rockets Gotha: Riewer (22:42 Minuten / 9 Punkte / 3 Assists / 3 Rebounds), DiLeo (21:15 / 10 / 1 / 1), Razis (23:09 / 4 / 8 / 1), Durant (13:36 / 7 / 4 / 0), Lodders (19:04 / 5 / 2 / 5), Woods (12:00 / 2 / 0 / 1), Johnson (20:47 / 12 / 0 / 7), Lawson (23:36 / 20 / 0 / 11), Völler (18:34 / 16 / 2 / 8), Gomila (25:17 / 8 / 5 / 8)

Dragons Rhöndorf: Carter (21:02 Minuten / 5 Punkte / 4 Assists / 1 Rebounds), Milovic (10:49 / 0 / 1 / 0), Hamilton (16:08 / 5 / 0 / 2), Michel (11:39 / 0 / 2 / 3), Lodders (24:19 / 5 / 0 / 8), Frankl-Maus (29:11 /  7 / 5 / 3), Schönborn (18:42 / 2 / 0 / 0), Wendeler (15:41 / 4 / 0 / 3), Angerer (24:59 / 14 / 0 / 3), Tratnjek (12:29 / 0 / 1 / 2), Winterhalter (15:01 /  5 / 0 / 4)

Zweier Gotha: 30 von 47 (64 Prozent)
Zweier Rhöndorf: 14 von 42 (33 Prozent)

Dreier Gotha: 9 von 19 (47 Prozent)
Dreier Rhöndorf: 3 von 22 (14 Prozent)

Freiwürfe Gotha: 6 von 17 (35 Prozent)
Freiwürfe Rhöndorf: 10 von 15 (67 Prozent)

Punkte von der Bank Gotha: 46
Punkte von der Bank Rhöndorf: 11

Rebounds Gotha: 47 (9 Offense / 38 Defense)
Rebounds Rhöndorf: 35 (11 / 24)

Assists Gotha: 25
Assists Rhöndorf: 13

Ballverluste Gotha: 10
Ballverluste Rhöndorf: 18

Ballgewinne Gotha: 5
Ballgewinne Rhöndorf: 4

Zuschauer: 1780