Ukrainefreunde berichten von ihrer Reise

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Reise in die Ukraine vom 09. bis 17.10.2014

Nachdem wir vom Ukrainefreunde Gotha e.V. am 3.Oktober einen Sattelzug mit Hilfsgütern für die Ukraine auf die Reise geschickt hatten, folgten wir mit einem vom Autohaus Rainer Seyfarth gesponserten Kleinbus dem Hilfstransort in dieses große osteuropäische Land. Wir, das sind Reinhard Schwarz und Dietrich Wohlfarth vom Verein Ukrainefreunde Gotha , Dmitri Jaroschewski als Dolmetscher und Steven Brown, US-Amerikaner mit verwandtschaftlichen Beziehungen nach Gotha, machten uns am 9. Oktober auf die ca. 2000 km lange Fahrt in die Stadt Cherkasy, die im Herzen der Ukraine liegt. Am 10. Oktober kamen wir gegen 10.00 Uhr pünktlich in Cherkasy an, um an einer Hochzeit teilzunehmen, zu der uns gute Freunde eingeladen hatten. Dort trafen wir auch unsere Freunde aus Lemgo, die in Partnerschaft mit der Augustinerkirche Gotha und den Ukrainefreunden Gotha das Christliche Waisenhaus in Dumantsy seit 10 Jahren unterstützen.

Im Rayon Cherkasy erwartete uns für die nächsten fünf Tage ein prall gefülltes Programm.

Am folgenden Tag, dem Sonntag zum Erntedankfest, waren wir zu einem festlichen Gottesdienst auf in das Dorf Ruskaja Poljana eingeladen. In der prächtig mit Früchten und Blumen des Landes ausgeschmückten Kirche beeindruckte uns besonders die musikalische Ausgestaltung mit Chor und verschiedenen Gesangsensembles. Dann gab es für ca. 200 Besucher ein reichhaltiges Mittagessen, alles von Gemeindegliedern selbst zugrichtete Speisen und Getränke. Der Nachmittag gehörte uns mit einer Tour durch die Stadt Cherkasy und dem Besuch des dortigen großen Basargeländes sowie der großen orthodoxen Kathedrale.

Die folgenden Tage waren gefüllt mit Beratungen zu verschiedenen Projekten sowie Besuchen bei Familien in sozialen Notlagen, die von uns unterstützt werden.

Mit unserem Partner, Pfarrer Anatoli Perepelitza, dem Leiter des Christlichen Waisenhauses Dumantsy und den Pflegeeltern, die gemeinsam mit den Waisenkindern und eigenen Kindern als Familien im Kinderhaus leben, wurden Gespräche geführt zur Situation im Kinderhaus, zur Entwicklung der Kinder sowie zur Weiterentwicklung des Projektes. Derzeit werden 25 Kinder und Jugendliche durch Paten aus Lemgo und Gotha unterstützt. Das Projekt gilt beim zuständigen Jugendamt des Rayons Cherkasy als Vorzeigeprojekt für eine gelungene Integration und Erziehung von Waisen und Sozialwaisen in familiäre Strukturen. Deshalb wurde durch den Rayon angefragt, ob weitere Kinder in das Projekt integriert werden können. Gemeinsam wurde beschlossen eine weitere Familie in das Projekt zu integrieren und dafür ein vorhandenes Nebengebäude entsprechend auszubauen.

Von besonderer Bedeutung war eine Beratung bei der Rayonverwaltung zum Aufbau partnerschaftlicher Beziehungen zwischen dem Landkreis Gotha und dem Rayon Cherkasy. Ich übergab einen Brief von Landrat Konrad Gießmann mit Grüßen aus dem Landkreis Gotha und der Willenserklärung, dass der Landkreis Gotha partnerschaftliche Beziehungen zum Rayon Cherkasy aufbauen will. Die Rayonführung war vertreten durch den Chef der Verwaltung Constantin Omargaliev und den Vorsitzenden der Rada (Kreisparlament) Anatoli Jarisch sowie durch mehrere Abteilungsleiter. Alle Vertreter des Rayons bekundeten ihr starkes Interesse an der Entwicklung einer ukrainisch – deutschen Partnerschaft. Dazu konnte ich erläutern, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung insbesondere für deutsch – ukrainische Partnerschaften von Kommunen ein spezielles Förderprogramm zur Unterstützung auflegt.

Damit werden konkrete Projekte in der partnerschaftlichen Entwicklung zwischen den Regionen Gotha und Cherkasy möglich, die wir mit dem Landratsamt in Gotha beraten wollen.

Im Anschluss an die Beratung konnten wir in der Zollhalle von Cherkasy die gerade zur Verteilung freigegebenen Güter der humanitären Hilfe aus Gotha in Augenschein nehmen und offiziell übergeben. Die Ladung von 90 m³ wird in Verantwortung unserer Partnerorganisation, der Mission Dobra Swistka, an Bedürftige und Institutionen verteilt.

Dem Leiter der Feuerwehr wurden die vielfältigen Materialien von Feuerwehren aus dem Landkreis und der Stadt Gotha übergeben. Der Leiter der Feuerwehr bedankte sich und drückte seine hohe Wertschätzung für die übergebenen Ausrüstungen aus.

Auch die Verantwortlichen für Behinderte und Gesundheit zeigten sich sehr erfreut über die Lieferung von Pflegebetten, Rollstühlen, orthopädischen Hilfsmaterial, Inkontinenzmaterial etc.

Besonders bewegt haben uns die Begegnungen mit Familien, die in besonderen sozialen Notlagen leben. So Tatjana Yatsenko, die wegen des Verlustes ihrer Wohnung ihre Kinder in ein Heim abgeben musste. Durch unsere Hilfe wird Sie in Kürze eine Wohnung bekommen, wo sie wieder mit ihren Kindern zusammenleben kann.
Beeindruckt hat uns das Schicksal der Familie Sologubov aus dem Gebiet Lugansk mit sechs Kindern von 13 bis 26 Jahren. Bis auf zwei Kinder sind alle gehörlos. Die Familie hatte ich im vergangenen Jahr kurz nach ihrer Flucht aus der Stadt Chastje kurz kennengelernt, da sie im Missionsgebäude unserer Partner vorrübergehend leben. Anatoli Pereplitza, der Leiter der Mission lobte die Familie als vorbildlich und ausgesprochen fleißig und geschickt bei Bauarbeiten und sonstigen Tätigkeiten. Ihr Haus in Chastje haben sie seit der Flucht direkt von der Frontlinie nicht wieder gesehen. Die Familie will sich im Rayon Cherkasy eine neue Existenz aufbauen. Wir konnten Ihnen eine finanzielle Unterstützung für Brennmaterial und die Bauarbeiten am neuen Heim übergeben.

An unserem letzten Besuchstag waren wir zu Gast in der Schule in Chorniavka, die Partnerschule der Evangelischen Regelschule in Gotha ist. Die Schulleiterin Hanna Seletzka begrüßte uns herzlich und wir übergaben ein Geschenk der Partnerschule aus Gotha.

In einem angeregten Gespräch wurde neben den erforderlichen Bauarbeiten an der Schule die Situation in der Ukraine erörtert. Durch den Konflikt in der Ostukraine sei das Bewusstsein einer großen Mehrheit der Bevölkerung gewachsen, zu einer Nation – der Ukraine- zu gehören. Dies werde auch insbesondere unter den jungen Menschen russischstämmiger Bevölkerung auch in der Ostukraine deutlich. Die Menschen verhalten sich patriotisch: so wurde in der Schule auf eine Abschlussfeier verzichtet, um den Vater einer Schülerin, der in die Ostukraine eingezogen wurde mit warmer Kleidung und persönlicher Ausrüstung zu versorgen

Beim gemeinsamen Rundgang durch die Schule waren wir sehr angetan und beeindruckt von der liebevollen Gestaltung des einfachen Schulgebäudes: Flure, Klassenräume, Bibliothek, Schul-Heimatmuseum sprechen für das starke Engagement der Schulgemeinschaft.

Hanna Seletzka übergab uns zum Abschied ein Geschenk für die Partnerschule mit der herzlichen Einladung an Lehrer und Schüler der Evangelischen Regelschule Gotha zu einem Besuch im Rayon Cherkasy.

Mit einem Abschiedsabend klang im Kinderhaus in Dumantsy unser Besuch aus. Dort trugen die Kinder teils gemeinsam mit den Eltern Lieder, Gedichte und Gebete vor. Bei einem gemeinsamen Imbiss wurden gute Wünsche ausgetauscht und kleine Geschenke verteilt.

Am Freitag, dem 16.10. traten wir die Heimreise an mit einem Zwischenaufenthalt zu einem Stadtrundgang in Kiew.

Von Kiew fuhren wir die Nordroute über Kovel zur polnischen Grenze, wo es bei der Abfertigung unergründliche Wartezeiten gab. Durch den sehr couragierten Einsatz von Dmitri, unserem Dolmetscher, wurde uns eine lange Wartezeit erspart und wir konnten nach ca. zwei Stunden auf polnischer Seite die Fahrt in die Nacht hinein fortsetzen mit einem kurzem Abstecher ins Zentrum von Warschau und schließlich guter Ankunft in Gotha am Morgen des 17.10.

Die Reise hat uns wieder stark motiviert, die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren ukrainischen Partnern weiterzuführen und auszubauen.