Vorbericht Science City Jenas zur ersten Playoff-Partie

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Man nehme eine Playoff-Serie, würze sie mit zwei Konkurrenten die geografisch keine 60 Kilometer auseinanderliegen, mixe diese überraschend gelungene Kombination mit der richtigen Rollenverteilung und erhält ein Derby, welches nicht viele Wünschen offen lässt. Science City gastiert am Gründonnerstag ab 19.30 Uhr im ersten Playoff-Viertelfinale beim Liga-Primus in Weißenfels, geht beim Aufstiegsfavoriten zwar als krasser Außenseiter, jedoch keineswegs chancenlos an den Start.

„Ich glaube, der MBC hätte sich über einen anderen Gegner mehr gefreut“, hatte Düsseldorfs Coach Murat Didin nach dem Sieg seiner Giants am letzten Wochenende in Jena noch geunkt. Der türkische Trainerfuchs wird wissen wovon er spricht, denn schließlich gehören die Thüringer zu den fünf Teams, die dem MBC eine der wenigen Niederlagen in der regulären Saison hinzufügen konnten. Auch die vorherrschende Meinung der Anwesenden nach dem Playoff-Einzug der Saalestädter war trotz der vermeintlich aussichtslosen Ausgangslage nicht gänzlich von Pessimismus durchzogen. Vielmehr machte immer wieder das Wort „ärgern“ die Runde. Denn nachdem der vermeintliche Aufstiegs-Kader des eben erst um drei Jahre verlängerten Kroaten Silvano Poropat vor Qualität nur so strotzt, eigentlich zum Aufstieg verdammt ist, dürfen sich die Jenaer befreit von Zukunftsängsten frei entfalten, oder eben im Jargon des Jenaer Basketball-Enthusiasten die Wölfe möglichst lang „ärgern“.

Über Qualität und Quantität im Team der Mitteldeutschen wurde bereits ausführlich philosophiert. Kaum ein anderes Team der ProA kann auf derart individuelle Vorzüge zurückgreifen, ist in der Lage durch einzelne Matchups selbst innerhalb von nur zehn Minuten Spiele zu drehen oder entscheiden zu können. Während die Gastgeber aus dem Land der Frühaufsteher die reguläre Spielrunde mit fünf Siegen am Stück beendeten, mogelte sich das Eichler-Team am Ende nur mit Ehinger Schützenhilfe unter die ersten Acht. Dennoch kein Grund, „den Sand in den Kopf zu stecken“, wie es Lothar Matthäus einst recht anschaulich formulierte.

Schließlich hat auch Science City genügend spielerisches Potential, um die „Dicken der Liga“ ins Wanken zu bringen. Sollten sich die Thüringer ihrer Stärken bewusst werden, sich im Wolfsbau als homogene Einheit präsentieren und in der Defense einen Zahn zulegen können, wäre bereits im so wichtigen Spiel 1 der Best-of-5-Serie der von etlichen Experten prognostizierte Sweep zu vermeiden. Eine klare Hierarchie innerhalb der Mannschaft, konzentriertes und mannschaftsdienliches Auftreten vom Tip-Off bis zur Schlusssirene, sowie ein cleveres Entscheidungsverhalten in kritischen Phasen ist somit am Donnerstag Pflicht, um an der faustdicken Überraschung schnuppern zu können. Der Druck des Heimspiels und der Favoritenrolle liegt klar auf Seiten der Wölfe. „Wir werden uns für den MBC etwas passendes einfallen lassen“, versprach Coach Eichler vor dem Start der Serie.

Science City hat nach drei Spieljahren der Dunkelheit mit ausgeglichenem Punktekonto und dem Erreichen der Playoffs ein neues sportliches Kapitel aufgeschlagen, in Weißenfels rein gar nichts zu verlieren und sollte aus genau dieser Underdog-Rolle heraus zur großen Wolfsrudel-Jagd blasen. Da wäre es letztendlich auch vollkommen egal, welcher von Eichlers Buben sich in der ersten Partie als Serientäter outet, ob Barker, Roquette, Kepkay, Black oder Voigtmann – je mehr desto besser, desto unberechenbarer, desto gefährlicher.

Tom Prager

Fliesenstudio Arnold