Das Interview zum Sonntag: Ein Gespräch mit Sänger und Synchronsprecher Mike Singer

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Miraculous: Ladybug & Cat Noir – Der Film
Ein Gespräch mit Sänger und Synchronsprecher Mike Singer
Mit gerade mal 23 Jahren kann der ehemalige „The Voice Kids“-Kandidat Mike Singer bereits auf vier Nummer-eins-Alben in den deutschen Charts verweisen. Im animierten französischen Kinoabenteuer „Miraculous: Ladybug & Cat Noir – Der Film“ (Bundesstart: 06. Juli) leiht der in Offenburg aufgewachsene Musiker nun der Figur Adrien und dessen Superhelden-Alter-Ego Cat Noir seine Sprech- und Gesangsstimme. André Wesche sprach mit  ihm über echte Helden, Schüchternheit und das deutsche Abschneiden beim Eurovision Song Contest. 

Mike, im Film „Miraculous“ liefern sich Ladybug und Cat Noir einen Streit darüber, wer der Hauptheld und wer der Sidekick ist. Hatten Sie und Ihre Kollegin Sarah Engels alias Ladybug deswegen auch Meinungsverschiedenheiten – wenn auch nur aus Spaß?
(lacht) Nein, ehrlich gesagt nicht. Wir sind beide sehr dankbar, dass wir ein Teil von diesem Film sind. Bei mir ist es so, dass meine kleine Cousine ein Hardcore-Miraculous-Fan ist. Als die Anfrage kam, war mir der Name Miraculous natürlich bekannt, aber ich hatte die Serie bis dahin noch nie gesehen. Ich habe mich direkt mit meiner Cousine getroffen, die übrigens wie eine Schwester für mich ist. Sie ist komplett durchgedreht! Wir haben uns ein, zwei Folgen angeschaut und ich wurde direkt zum Fan.

Gab es einen Take, der Sie vor dem Mikrofon zur Verzweiflung gebracht hat?
Für mich ist es eigentlich völlig normal, im Studio zu sein. Ich schreibe gefühlt jeden Tag einen Song und versuche, mich immer weiter zu entwickeln. Aber das war noch mal eine ganz andere Herausforderung für mich. Ich habe mich natürlich wohl gefühlt, weil das Studio mein Zuhause ist. Aber diese ganzen Nebeneffekte? Man muss ganz genau darauf achten, dass meine Lippen mit denen von Cat Noir synchron sind, während ich singe. Um das Gefühl rüberzubringen, das der Film in der jeweiligen Situation vermitteln möchte, muss man akribisch auf jedes Detail achten und währenddessen noch perfekt singen. Wir haben es ja mit Musical-Musik zutun und dieser Stil ist besonders anspruchsvoll. Es war wirklich nicht leicht. Aber ich bin sehr stolz, dass wir es hinbekommen haben.

Haben Sie eine große Affinität zu Frankreich und Paris?
Ich war schon einige Male in Paris und finde diese Stadt sehr geil. Ich bin auch ein Riesenfan von französischer Musik, sie inspiriert mich sehr bei meinen eigenen Sachen.

Im Film ist das Talmud-Zitat „Wer ein Leben rettet, rettet die Welt“ von großer Bedeutung. Was bedeutet das für Sie?      
Ich glaube, dass sich ein Thema durch den kompletten Film zieht. Und das ist Zusammenhalt. Gemeinsam kann man alles erreichen. Wenn man ein Leben und dadurch die ganze Welt rettet, bedeutet das einfach, dass man immer füreinander da sein und sich gegenseitig aufbauen soll. Ich finde sowieso, dass der Film nicht nur für Kinder geeignet ist. Jedes Alter kann hier Denkanstöße bekommen.

Sie sind ein Kind des neuen Jahrtausends. Können Sie sich ein Kinoprogramm ganz ohne Superheldenfilm eigentlich noch vorstellen?
Ja, auf jeden Fall. Ich bin ein riesiger Fan von Filmen jeder Art. Mein Lieblings-Schauspieler ist z.B. Leonardo DiCaprio. Bei mir ist das tatsächlich ein Mix. Die Avengers finde ich auch cool. Und alle Teile von Spiderman. Manchmal brauche ich aber auch Streifen, die den Zuschauer ein bisschen mehr fordern. „Shutter Island“ zum Beispiel. Das ist so ein Film, den ich mir schon viermal angeschaut habe, weil er mich einfach so gepackt hat. „The Green Mile“ ist auch total krass. Außerdem fasziniert mich die Technologie beim Filmemachen und ich frage mich immer, wie man eine Szene realisiert hat.

Hätte Sie Interesse daran, selbst einen Film zu machen?
Tatsächlich machen wir das schon zu großen Teilen bei meiner eigenen Musik. Da schreiben wir kleine Drehbücher und oft kommt die Idee von mir. Das ist schon eine kreative Ader, die ich versuche, so oft wie möglich auszuleben. Film wäre natürlich noch mal eine ganz andere Liga. Das könnte ich mir auch vorstellen, aber momentan ich bin eher der Songwriter. Ich schreibe auch sehr gerne Gedichte. Alles, was mit Schreiben zu tun hat, ist voll meins. Vielleicht kommt irgendwann die Film-Phase in meinem Leben. Ich bin ja auch noch relativ jung.

Sie haben in der Fernsehserie „Spotlight“ auch schon ein Debüt als Schauspieler gegeben.
Ja, tatsächlich. Auch eine wunderschöne Erfahrung: Bei meinem ersten Schauspieleinsatz war ich 15, 16, 17. Das war für Nickelodeon. Dass das mittlerweile bei Netflix läuft, ist wirklich krass. Es war für mich eine sehr aufregende Zeit und auch etwas völlig Neues, weil Schauspielerei mit Gestik und Mimik total krass ist. Dafür bin ich immer wieder offen. Vor allem, wenn es irgendetwas mit Musik zu tun hat: Dafür brennt mein Herz sowieso.

Im Film treffen sich Marinette und Adrien in einer Bibliothek. Kennt man in Ihrer Generation diesen Ort noch aus dem wahren Leben? 
Ich kenne die Bibliothek tatsächlich nur von meiner Freundin. Ich selbst war vielleicht einmal in der Bibliothek. Meine Freundin hat diesen Rückzugsort immer gebraucht, um in Ruhe lernen zu können. Ich glaube, es ist auch sehr produktiv, wenn man in der Bibliothek lernt. Aber sonst kann ich es nicht beurteilen. Mein kleiner Bruder ist 16. Er selbst und auch seine Klassenkameraden gehen nicht in die Bibliothek. Ich glaube, das ist ein bisschen out.

Wer sind für Sie Helden der Realität?
In meinem Leben sind das auf jeden Fall meine Eltern. Das sind Helden, die ihren Kindern unglaubliche Unterstützung liefern, sei es bei meinem Bruder oder bei mir. In meinen Augen sind sie die größten Helden, genau wie meine komplette Familie. Ansonsten natürlich auch die Feuerwehr. Diese Menschen sind für mich echte Helden, die viele Leben retten und immer bereit sind, zu helfen. Genau wie Leute, die im Krankenhaus arbeiten. Helden sind für mich natürlich auch Musiker: (lacht) Michael Jackson, The Weeknd, Chris Brown, Justin Bieber. Da gibt es Gott sei Dank einige Menschen auf unserem Planeten.

Mit welchen Gefühlen haben Sie das deutsche Abschneiden bei ESC verfolgt?
Ehrlich gesagt finde ich es ein bisschen schade, weil ich weiß, dass es in Deutschland extrem viele zeitgemäße Produzenten, Songwriter und Künstler gibt. Oftmals war vielleicht einfach die Wahl der auftretenden Künstler nicht die richtige. Mir geht es gar nicht um die Künstler direkt, mir geht es nur um Songs. Wenn man sich zum Beispiel Schweden anschaut, liefern die gefühlt jedes Jahr ab. In Deutschland werden viele Fehlentscheidung getroffen, wenn es darum geht. Leider. Dieses Jahr habe ich es mir bewusst gar nicht angeschaut, um nicht zu sehen, wie Deutschland wieder auf dem letzten Platz landet.

Cat Noir ist ein starker Charakter und vermittelt Selbstbewusstsein. Mussten Sie in Ihrer Karriere das Selbstvertrauen erst lernen?
Ja, das musste ich auf jeden Fall. Ich war ein sehr schüchterner Junge und habe mich auch nicht getraut, Mädchen anzusprechen oder mit der Musik in die Öffentlichkeit zu gehen. Mit 13 habe ich dann entschieden: „Okay, komm, ich will den Leuten zeigen, dass ich singe und ich will wissen, ob es den Leuten gefällt.“ Ich habe damals etwas auf Facebook hochgeladen und tatsächlich nach 10 Minuten wieder rausgelöscht, weil es schon zehn Leute angeschaut hatten. Es war echt ein Kampf, Selbstbewusstsein zu erarbeiten. Ich glaube, dass das sehr viele Menschen durchmachen müssen. Es ist ja auch nicht immer so schlimm, schüchtern zu sein. Ich habe immer noch diese schüchterne Seite an mir, kann sie aber ganz gut steuern.

Würde der kleine Mike heute nochmal zu „The Voice Kids“ gehen?
Auf jeden Fall, immer wieder! Das war die genau richtige Entscheidung. Mir liegt auch extrem viel an der Show, muss ich ehrlich sagen. Das war mein Startschuss und vor allem war dieser Mut, den ich ausgepackt habe, um in dem Alter auf so einer Bühne zu stehen, sehr wichtig. Ich bin davon immer noch geflasht, wenn ich darüber nachdenke, dass ich mich das echt getraut habe.

Welche Projekte stehen nun für Sie an?
In der nächsten Zeit kommt erstmal ein neues Album. Wir sind jetzt schon fast fertig, die ersten Songs kommen heraus. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich so sehr darauf freue, weil ich schon ewig daran sitze. Sonst haben wir auch noch ein, zwei TV-Produktionen, über die ich jetzt leider noch nicht reden darf. Es kommen aber auf jeden Fall ein paar sehr schöne Dinge.

Die Fragen stellte André Wesche.
(Foto: https://www.mikesinger.de)

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