Offener Brief von Waltershäuser Bewohnern an Michael Brychcy

6
1604
Das Rathaus von Waltershausen. Foto: Rainer Aschenbrenner

Waltershäuser wenden sich mit einem weiteren „Offenen Brief“ an die Öffentlichkeit wegen der umstrittenen Aussagen des Waltershäuser Bürgermeisters, Michael Brychcy:

Gotha/Waltershausen (red, 15. Juni). In einem Interview mit der „Thüringer Allgemeinen„, das am 9. Juni veröffentlicht wurde, hatte sich der Waltershäuser Bürgermeister, Michael Brychcy (CDU), zum Umgang mit der AfD geäußert:

„Ich bin offen für Gespräche mit allen. Ich rede mit allen. Ich halte es für verkehrt, der AfD sofort einen Stuhl vor die Tür zu stellen. Natürlich gibt es da Grenzen, sowohl bei der Linken, als auch bei der AfD. Mit bestimmten Leuten kann man sich nicht an einen Tisch setzen – mit Björn Höcke, das geht einfach nicht.“

Brychcys Äußerungen haben bundesweit Wellen geschlagen.

Jetzt gibt es einen zweiten „Offenen Brief“, nachdem bereits am 9. Juni Thomas Ritter, der stellvertretende Vorsitzende des Bündnisses gegen Rechts/Gotha ist BUNT, darauf reagiert hatte.

Den aktuellen Brief verfassten Magdalena Heuwieser und Ute Däberitz, den sie namens „einer breiten, überparteilichen Initiative von Bürgerinnen und Bürgern unterschiedlichster Couleur“ veröffentlichten: „Wir möchten nicht abwarten und zusehen, was weiter passiert, sondern einen klaren Standpunkt gegen die AfD beziehen und zeigen, dass es auch lokalen Gegenwind gibt“, argumentierten sie.

Neben den im Brief namentlich aufgeführten 60 Erstunterzeichnerinnen und -unterzeichnern gebe es noch eine Vielzahl weiterer Unterstützerinnen und Unterstützer dieses Anliegens, die jedoch nicht öffentlich genannt werden wollten. Die Initiatorinnen teilten weiterhin mit, dass man weiterhin Unterschriften sammele.

*********************************

Offener Brief an den Waltershäuser Bürgermeister Herrn Brychcy
Äußerung zur AfD

Sehr geehrter Bürgermeister Brychcy,

wir leben in Waltershausen oder fühlen uns mit Waltershausen verbunden – uns eint die Sorge und Bestürzung über Ihre kürzlich getätigten Aussagen zur AfD.

Als Berufspolitiker mit weit über 30 Jahren Erfahrung müssen Sie wissen, dass diese Äußerungen eine bestimmte Wirkung haben und den Eindruck erwecken, die AfD sei ein ernstzunehmender Gesprächspartner. Das ist gefährlich und stärkt der AfD den Rücken, weshalb wir auf eine baldige Richtigstellung hoffen.

Es ist sicherlich richtig, lokalpolitisch nicht auf Parteiideologie zu beharren, sondern offen zu sein und sich auf die Sachebene zu konzentrieren. Es ist ebenso wichtig, bürgernah und auch mit Menschen, die AfD wählen, im Dialog zu sein – denn sicherlich gibt es hier und da Menschen, die aus Protest und Unwissen diese Partei wählen und sich nicht als Faschisten sehen. Doch Menschen, die wählen sind etwas anderes als AfD-Parteipolitikerinnen und Politiker. Wer konstruktive Lokalpolitik machen will, wer ‚Schlaglöcher‘ stopfen will, der geht nicht zur AfD.

Es handelt sich schon lange nicht mehr nur um rechtsextreme ‚Tendenzen in der AfD‘, von denen Sie sich in ihren Aussagen versuchen abzugrenzen. Sie verharmlosen die Thüringer AfD, die mit ihrem Landeschef Björn Höcke bereits vor zwei Jahren vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde.

Heutzutage in Thüringen AfD-Parteipolitikerin oder Politiker zu sein heißt, den Höcke-Kurs zu vertreten bzw. sich vorspannen zu lassen vor dessen gelenkte, brandgefährliche Strategie. Höckes Ziel ist erwiesenermaßen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen und eine ‚am Nationalsozialismus orientierte Gewaltherrschaft‘ zu erwirken.

So schaurig der Vergleich auch sein mag, er drängt sich immer wieder auf: Die faschistische Machtergreifung von 1933 wurde unter anderem ermöglicht durch Verharmlosung der NSDAP, zunehmende Kooperation und das Wegschauen breiter Teile der Bevölkerung. Wenn wir einen erneuten Aufschwung des Faschismus in Deutschland verhindern wollen, ist jetzt ein klarer Standpunkt wichtig.

Wer behauptet, man könne und solle mit AfD-Politikerinnen und Politikern konstruktiv zusammenarbeiten, öffnet die Tür einen Spalt breit und trägt dazu bei, dass die Tür bald komplett für Koalitionen mit der AfD offen steht; in Städten und Gemeinden, in Landkreisen und in der Thüringer Landesregierung.

Wir Waltershäuserinnen und Waltershäuser wollen gerade hinsichtlich der kommenden Wahlen nicht länger wegschauen, während Nazi-Parolen in das Parlament einziehen und wie gefährliche Verschwörungsmythen und Diskriminierung sich immer weiter normalisieren. Jetzt gilt es, deutliche Standpunkte zu vertreten, und das erwarten wir ganz besonders von unserem Bürgermeister.

Wir bitten Sie: Gefährden Sie nicht Ihren guten Ruf. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie in den nächsten Tagen öffentlich Ihre Aussagen korrigieren und sich eindeutig gegen die AfD positionieren.

Mit freundlichen Grüßen,

Andrea Reuther, Christin, Orgelbausekretärin, Pfarrfrau, Mutter und Großmutter
Andreas Fritzsche, Bewohner Langenhain
Andreas Hellmund, Selbstständiger Handwerker
Anne Scheer, Medizinische Fachangestellte
Anne Wacker, Schulsozialarbeiterin
Annette Reinhardt, Christin, Bürokauffrau
Carsten Schleicherdt, Selbstständig
Christopher Sturm, Umschüler Fachinformatik
Daniel Klytta, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Schmerbach
Darius Ernst, Waltershäuser Bürger mit Engagement für Stadt und Kirchgemeinde
Deborah Arends, Bewohnerin Langenhain
Diana Hennig, Sprecherin Bündnisvernetzung gegen Rechts TH
Dirk Rottenbach, Alltagsassistent
Doris Wiegand, Die Linke Gotha
Elke Zuch, Buchhändlerin in Waltershausen
Erik Weinreich, Vorstandsmitglied Förderverein Kita Schönrasen
Eva Finkbeiner, Kleinkindpädagogin
Frank Däberitz, Jurist, stellv. Generalsekretär d. KSL Berlin i. R.
Georg Graser, Programmierer
Hannes Müller, Zahntechniker
Heinz Cramer, Rentner (88 Jahre), Maschinenbaumeister i. R.
Ina Treihse, aufgewachsen in Waltershausen
Jan Sucker, Drucker
Janette Langlotz, Kosmetikerin
Jette Blümler, Ehemalige Salzmannschülerin
Joachim Stade, Orgelbaumeister, Christ‘
Jonas Köth, Ehemaliger Waltershäuser
Karin Treihse, Pädagogin im Ruhestand
Katja Kuhn, Angestellte Land Thüringen
Ludo Petersohn, Schüler 7. Klasse
Magdalena Heuwieser, Kulturkneipe Spatz
Malte-Christian Stuhr, Sozialpädagogin
Manfred Müller, Kartograph, selbstständig
Markus M., Arzt Krankenhaus
Martin Köth, Ehemaliger Schüler der Salzmannschule
Martin Scheer, Arzt Friedrichroda
Marvin Müller, Pädagoge
Maximilian Kornhaß, Niedergelassener Zahnarzt
Mechthild Moustafa Arafa, Rentnerin
Michael C. Muller, Stellvertretender Vorsitzender der SPD Waltershausen
Nadine Köhler, Versicherungsangestellte
Niels Jobstvogt, Gärtnerei Bunte Beete
Paco Yoncaova, Baumkletterer und Zapfenpflücker
Philipp Däberitz, Wampy Gründer
Ralf Kleinsteuber, Hausmeister WSG
Rüdiger Treihse, Pädagoge
Sabine Kleinsteuber, Krankenschwester
Sandra Petersohn, Ingenieurin
Sandra Schneider, Inhaberin Kosmetikinstitut S.Schneider
Simone Eck, Heilerzieungspflegerin Bodelschwinghof Mechterstädt
Theo Treihse, In Waltershausen geboren und aufgewachsen
Theophil Heinke, Kreiskantor im Kirchenkreis Waltershausen-Ohrdruf
Thomas Müller, Salzmann Buchhandlung
Tilman Reinhardt, Christ, Orgelbauer, Musiker
Tom Anschütz, Kirchenmusiker
Torsten Lämmerhirt, Betriebsleiter Logistik, Mitglied NABU Waltershausen
Ute Bach, Vorsitzende verdi-Ortsverein Ilmkreis
Ute Däberitz, Kunsthistorikerin, stellvertretende Vorsitzende des Waltershäuser Geschichtsvereins
Valeria Neumann, Schülerin Salzmannschule
Wigo Petersohn, Schüler, 11. Klasse

Weitere haben schon unterzeichnet oder können den offenen Brief noch unterstützen: https://forms.gle/DG6e7FpLCWiBMkp96

6 KOMMENTARE

  1. Vier Fragen an die Verfasser dieses Briefes:

    Was kann bzw. sollte ich mir unter den Berufsbezeichnungen „Alltagsassistent“ sowie „Baumkletterer und Zapfenpflücker“ vorstellen ?

    Benötigt man für diese Tätigkeiten spezielle berufliche Ausbildungen?

    Sind dies sozialabgabenpflichtige Tätigkeiten oder beziehen diese Mitmenschen Bürgergeld aus dem Gemeinwohl ?

    Wurden Gründe benannt, warum die „weiteren Unterzeichner namentlich nicht öffentlich benannt werden wollten“ ?

    Mit freundlichen Grüssen

    Ingo Schmidt

  2. Sehr geehrte Damen und Herren,
    Gibt es eine Gegenpetition ?
    Diese würde ich sehr gerne unterschrieben.
    Demokratie bedeutet
    “ freie Meinungsäußerung “
    leider ist das mittlerweile in Deutschland nicht mehr erwünscht.
    Unser Herr Brychcy hat endlich etwas auf den Weg gebracht, was viele schon lange denken, aber sich nicht getraut haben das öffentlich zu machen.
    Und Nein, das hat nichts mit RECHTS zu tun..
    Die Unterzeichner dieses Briefes sind keine Demokraten, denn so reagieren Menschen die nur ihre Meinung akzeptieren und keine Andere.

    Cornelia Fiesinger

  3. Sehr geehrte Unterzeichner des offenen Briefes,

    wie beurteilen Sie nun Ihre Auffassung zu Herrn Brychcy im Kontext zum aktuellen Wahlergebnis in Sonneberg ?

    Vertreten Sie nun auch unverändert die Auffassung, dass mehr als 50 % unserer Thüringer Nachbarn „Undemokraten“ oder gar „Nazis“ sind ?

    Ebenfalls vermisse ich eine Petition mit Aussagen Ihrerseits, wie zukünftig die (wie auch die Jahre zuvor …) völlig inakzeptablen „Krakeelereien“ (Zitat LPI Gotha) vermieden werden können ?

    P.S. Erläuterung der Wortwahl *Unterzeichner* meinerseits im Kontext der Sprache aus unserem Heimatland der grossen Dichter und Denker (Weltliteratur, siehe auch Duden): UNTERZEICHNER=männlich/Singular ; UNTERZEICHNERIN=weiblich/Singular ; UNZERZEICHNER (hier im Text meinerseits)=männlich & weiblich/Plural.

    Mit freundlichen Grüssen

    Ingo Schmidt (Waltershausen)

  4. Es ist schon erschreckend wie eine demokratisch gewählte Partei ausgegrenzt wird. Noch schlimmer finde ich das die Wähler als rechts denkende Menschen abgestempelt werden. Das ganze politische Desaster sind doch die von uns gewählten Landesvertreter schuld. Sie müssen immer nach der Pfeife aus Berlin springen. Die sagen was gemacht werden muss. Unsere Interessen des Volkes spielen keine Rolle. Selbst Mike Möhringen muss springen, wenn der Merz ruft. Eine Entscheidung hat er aber dennoch frei, er darf entscheiden wie hoch er springt, aber springen muss er

    • genau das ist auch meine Meinung…mich würde mal interessieren was die Unterzeichner zu den heutigen Zuständen in unserem Land sagen…Zustände, welche nicht mehr rückgängig gemacht werden können, außer von der einzigen Partei, die hinter dem Volk steht und das ist die AfD…diese jetzige Politik hat unser schönes Land für immer zerstört, schneller als es ein Krieg könnte…und wenn ich mir die Reden der AfD anhöre, kann ich nichts feststellen, das unserem Land zum Schaden ist, ganz im Gegenteil…was also, wird der AfD konkret vorgeworfen ???

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT