Europas Einfluss auf das nationale Strafrecht

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„Die Europäisierung ist momentan im Strafrecht enorm“, sagt Prof. Dr. Edward Schramm von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Beeinflussung des nationalen Strafrechts durch EU-Recht nimmt beständig zu und fordert Veränderungen in dieser eigentlich „nationalen Domäne“, weiß der Jenaer Strafrechtler und nennt das Thema Minderjährigen-Pornographie als Beispiel. So hat die EU im Rahmen des Kinder- und Jugendschutzes ein Jugend-Pornographie-Gesetz gefordert. In Deutschland gab es insoweit im Gesetz aber keinen Schutz von Jugendlichen, sondern nur von Kindern bis 14 Jahre. Auf Druck der EU musste Deutschland daraufhin ein eigenes Jugend-Pornographie-Gesetz schaffen.

Dies ist nur ein Beispiel für viele Bereiche, in denen die EU das nationale Strafrecht verändert. Mit diesem Thema beschäftigt sich die Tagung „Transnationale Verfahrensrechte und transnationales Strafverfahren“, die vom 8.-10. Mai 2014 an der Universität Jena stattfindet. Veranstaltet wird die Expertenrunde vom Netzwerk „Zur Bedeutung der Strafrechtsvergleichung bei der Europäisierung der Strafrechtspflege“. Das ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderter Verbund von 16 jüngeren Strafrechtswissenschaftlern aus Deutschland, der Schweiz und England, zu denen auch Prof. Schramm gehört. Bei halbjährlich stattfindenden Tagungen beschäftigen sich die Mitglieder mit der zunehmenden Internationalisierung und Europäisierung der Strafrechtspflege, der Vereinbarkeit grenzüberschreitender Strafverfahren mit  rechtsstaatlichen Standards sowie der Notwendigkeit und den Problemen des Vergleiches der jeweilig betroffenen  Rechtskulturen. „Die praktische Bedeutsamkeit des Forschungsgegenstands zeigt sich etwa am Beispiel des Europäischen Haftbefehls, der Europäischen Beweisanordnung oder der künftigen Europäischen Staatsanwaltschaft“, nennt der Jenaer Strafrechtler weitere aktuelle Themen. Im Netzwerk plädierte Schramm u. a. für eine rechtsangleichende Europäisierung der Allgemeinen Teile  der nationalen Strafgesetzbücher in der Europäischen Union.

Bei der Jenaer Tagung werden sich die Teilnehmer mit der Frage beschäftigen, welche Herausforderungen grenzüberschreitende Strafverfahren für den Staat und unser Verständnis von Staatsgewalt, Menschenrechtsschutz und nationale Souveränität im Lichte der aktuellen Diskussionen um „Global Governance“ und „staatliche Mehrebenensysteme“ mit sich bringen. Konkretisiert werden die Überlegungen am Beispiel der von der EU geplanten Europäischen Staatsanwaltschaft.  Als Gastreferent konnte Dr. Hans-Holger Herrnfeld gewonnen werden, der als der maßgebliche Experte in Deutschland federführend im Bundesjustizministerium mit der Umsetzung des EU-Verordnungsentwurfs zur Europäischen Staatsanwaltschaft befasst ist. Prof. Dr. Karsten Gaede (Buccerius Law School Hamburg) wird die Pläne zu dieser neuen Strafverfolgungsinstitution kritisch würdigen.

 

(Bild: Prof. Edward Schramm von der Universität Jena ist Organisator einer Tagung zu transnationalen Strafverfahren; Foto: Jan-Peter Kasper/FSU)