Oettinger Rockets schlagen Thüringen-Rivalen Science City Jena

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Was auch immer sich die Oettinger Rockets Gotha vom 4. Spieltag der Saison 2015/2016 versprochen hatten: Ihre Erwartungen wurden mit Sicherheit deutlich übertroffen! Das lag sowohl am erfolgreichen Ausgang ihres Heimspiels als auch an einem ebenso überraschenden wie angenehmen Nebeneffekt.

Denn die Gothaer triumphierten gestern Abend im Thüringen-Derby gegen Science City Jena mit 72:62 (29:35), wahrten somit die „weiße Weste“ und bescherten ihrem Gegner die erste Niederlage der Saison. Obendrein fanden sie sich nach diesem Sieg auf dem Platz an der Sonne wieder – sprich: Die Rockets sind erstmals seit dem Aufstieg im Jahr 2012, also nach insgesamt 106 absolvierten Begegnungen in der 2. Basketball-Bundesliga ProA, Tabellenführer.

Viel mehr war für den Moment nicht drin. Folgerichtig mündete der Abend in einem kollektiven Dauer-Grinsen. Spieler, Coaches, Betreuer und Fans kosteten diesen in mehrfacher Hinsicht denkwürdigen Triumph in vollen Zügen aus.

Schließlich wurde so mancher, der nach dem packenden Playoff-Viertelfinale der zurückliegenden Saison zu dem Schluss gekommen war, dass diese Stimmung kaum zu toppen sei, gestern eines Besseren belehrt. Wegweisend für ein sehr intensives und emotionales Derby waren bereits die ersten Minuten. Vor den Augen von 1862 Zuschauern, unter ihnen auch Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch, lieferten sich beide Seiten von Anbeginn einen rasanten Schlagabtausch auf Augenhöhe. Stellvertretend dafür können hier die letzten Sekunden des Auftaktviertels stehen. Zunächst versenkte Jordan Riewer den ersten Rockets-Dreier (20:13 / 10.), ehe Jenas Jelani Hewitt mit einem Buzzer Beater verkürzte (20:16 / 10.). Für das erste Highlight der Begegnung hatte zuvor bereits Delvon Johnson mit seinem Dunk zum 8:6 (3.) gesorgt.

An das starke erste Viertel konnten die Rockets nicht nahtlos anknüpfen: jedenfalls nicht in der Offense. Während die Gäste weiter punkten konnten, gelangen den Hausherren in den ersten sieben Minuten des zweiten Durchgangs lediglich zwei Punkte. Folge: Science City ging in Führung und baute diese zügig aus. Nach Immanuel McElroys Dreier (22:33 / 17.). führte Jena erstmals zweistellig. Wenig später nahm Gothas Offensive aber wieder Fahrt auf: Chris Razis, Max DiLeo und Jordan Riewer erzielten in dieser Phase wichtige Punkte und sorgten dafür, dass sich der Rückstand zur Pause (29:35) in Grenzen hielt.

Mit zwei erfolgreichen Dreiern in Folge von Carlton Guyton und Chris Razis erwischten die Rockets zwar einen guten Start ins dritte Viertel. Allerdings hatte Jena in dieser Phase zumeist eine passende Antwort parat. Beleg: Gen Ende des Viertels streute Lars Wendt zwei Dreier innerhalb einer Minute ein und schraubte den Vorsprung erneut in den zweistelligen Bereich. Kurz darauf erhöhte Guido Grünheid auf 52:39 (27.) für Science City – der größte Vorsprung in diesem Spiel.

Es folgte der fulminante Schlussakkord. Beflügelt durch die lautstarke Unterstützung von den Rängen überrannten die Rockets die Gäste in den Schlussminuten förmlich: Sowohl offensiv als auch defensiv liefen die Gastgeber nun zu Höchstform auf. Sie beeindruckten den Gegner mit zunehmender Spielzeit und brachten ihn schließlich zur Verzweiflung. So konnte das stark besetzte Jenaer Team im letzten Abschnitt lediglich fünf Punkte markieren – 23 Zähler hingegen die junge Gothaer Mannschaft.

Mit zwei weiteren Dreiern in Folge sorgten Carlton Guyton (56:59 / 35.) und Joe Lawson (59:59 / 35.) zunächst für den Ausgleich. Wenig später erzielte Jeramie Woods mit einem Tip-In die erste Führung (61:59 / 37.) seit der zwölften Minute (20:18) und schloss somit den 12:2-Lauf ab, mit dem die Rockets das Spiel drehten. Allerspätestens ab diesem Zeitpunkt gab’s in der „Blauen Hölle“ kein Halten mehr.

Anschließend konnte Jena zwar noch einmal ausgleichen (61:61 / 38.). Doch in der Crunch-Time bewahrten die Gothaer dann die Nerven. Zum Matchwinner avancierte dabei Chris Razis, der zunächst einen Assist auf Marco Völler spielte (63:61 / 39.) und 22 Sekunden vor Ultimo mit einem Korbleger auf 65:61 erhöhte – die Entscheidung.

„Ich bin sehr, sehr stolz auf meine Mannschaft, die heute großartig gekämpft und sehr diszipliniert gespielt hat – jeder einzelne Spieler hat einen großartigen Job gemacht“, sagte Rockets-Coach Chris Ensminger nach dem Derby, in dem er auf Gerard Gomila (Erkältung) verzichten musste. „Es war eine sehr enge Partie, in der Kleinigkeiten den Ausschlag gegeben haben. Schlüssel zum Erfolg waren unsere Defense und unsere Moral. Wir haben uns lediglich acht Ballverluste geleistet, niemals aufgegeben und uns am Ende selbst belohnt. Maßgeblichen Anteil daran hatten einmal mehr unsere Fans, die uns auch in den Phasen, in denen es nicht richtig rund lief, frenetisch angefeuert und letztlich zum Sieg getragen haben!“

Wie sehr die Gäste die neuerliche Niederlage gegen den Rivalen aus Gotha wurmte, wurde indes bei der Pressekonferenz nach Spielende deutlich, als Jenas Head Coach Björn Harmsen seinem Kollegen zunächst „zum am Ende verdienten Sieg“ gratulierte und im Anschluss seine Sicht der Dinge zum Knackpunkt der Begegnung schilderte. Als solchen machte er nämlich einen unglücklichen Zusammenprall zwischen Marco Völler und Lars Wendt aus. Obwohl sich diese Szene in der Schlusssekunde des dritten Viertels abseits des Kampfes um den Ball abspielte, wollte Harmsen wortwörtlich „eine Tätlichkeit“ des Gothaer Kapitäns gesehen haben. Diese Einschätzung, die sich mit Bildern zu dem besagten Zusammenprall in keiner Weise deckt, erklärte dann rückblickend auch ein Stück weit, warum der Trainer von Science City kurz nach dieser Szene ein technisches Foul kassierte. Allein dieses technische Foul war in der Tat der Knackpunkt, weil es den Auftakt für ein rasantes Schlussviertel markierte.

Auch deshalb lachte zuletzt Chris Ensminger am besten. Er sagte augenzwinkernd: „Tja, die Hölle war tatsächlich noch viel heißer, als ich das ohnehin erwartet hatte. Da kann das schon mal passieren, dass das mit dem Begleichen offener Rechnungen nicht so klappt, wie man das gerne hätte…“

Oettinger Rockets Gotha – Science City Jena 72:62 (29:35)

Viertel: 20:16 / 9:19 (29:35) / 20:22 (49:57) / 23:5 (72:62)

Oettinger Rockets Gotha: Guyton (29:52 Minuten / 14 Punkte / 2 Assists / 2 Rebounds), Riewer (17:10 / 11 / 2 / 3), DiLeo (22:14 / 7 / 0 / 1), Razis (26:06 / 11 / 7 / 2), Abdulkader (nicht eingesetzt), Durant (nicht eingesetzt), Dejworek (nicht eingesetzt), Lodders (15:46 / 1 / 1 / 6), Woods (24:50 / 6 / 2 / 5), Johnson (24:34 / 2 / 2 / 6), Lawson (23:48 / 12 / 1 / 5), Völler (15:40 / 8 / 2 / 2)

Science City Jena: Hewitt (35:52 Minuten / 7 Punkte / 2 Assists / 2 Rebounds), Schneider (nicht eingesetzt), Reyes-Napoles (6:29 / 2 / 3 / 0), Clay (22:16 / 13 / 1 / 5), Wendt (26:41 / 14 / 3 / 5), Wolf (20:45 / 4 / 0 / 5), Voigtmann (8:04 / 0 / 1 / 3), McElroy (34:04 / 7 / 3 / 3), Grünheid (17:58 / 11 / 0 / 4), Rietschel (nicht eingesetzt), Bernard (17:59 / 4 / 0 / 1), Wank (9:52 / 0 / 0 / 2)

Zweier Gotha: 21 von 38 (55 Prozent)
Zweier Jena: 17 von 30 (57 Prozent)

Dreier Gotha: 7 von 26 (27 Prozent)
Dreier Jena: 7 von 23 (30 Prozent)

Freiwürfe Gotha: 9 von 14 (64 Prozent)
Freiwürfe Jena: 7 von 11 (64 Prozent)

Rebounds Gotha: 34 (8 Offense / 26 Defense)
Rebounds Jena: 33 (6 / 27)

Assists Gotha: 19
Assists Jena: 13

Ballverluste Gotha: 8
Ballverluste Jena: 15

Ballgewinne Gotha: 6
Ballgewinne Jena: 2

Zuschauer: 1862 (ausverkauft / Zuschauer-Rekord)