Rabbiner besucht Gotha und besteht aufs Trabant-Fahren

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Seltener Besuch wird am kommenden Sonntag in Gotha erwartet: Andrew Steinman, Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Frankfurt/Main, will sich persönlich ein Bild über die Entwicklung der Residenzstadt machen. Darüber informiert Matthias Hey, Gothaer Abgeordneter des Thüringer Landtages, der als Sprecher der Initiative „Gegen das Vergessen“ zu den Mitorganisatoren der im Jahre 2000 stattgefundenen sog. Jüdischen Begegnungswoche zählte.

Die Stadtverwaltung hatte damals ehemalige jüdische Mitbürger eingeladen, die während der NS-Diktatur aus Gotha flüchten mussten und unter großem Medieninteresse mehr als sechs Jahrzehnte später aus nahezu allen Erdteilen erstmals wieder ihre Heimatstadt besuchten.

Andrew Steinman, der als einer der ersten jüdischen Geistlichen wieder in Deutschland Rabbiner ausbildet, begleitete die Besucher vor zwölf Jahren in Gotha und schloss Freundschaft mit Matthias Hey, der damals Dolmetscher für die englischsprachigen Gäste war.

„Wir hatten jahrelang keinen Kontakt, bis mich Andrew vor Wochen völlig überraschend anrief, weil er mich in einem TV-Interview am Rande des NSU-Untersuchungsausschusses zufällig sah und erkannte“, so Hey, der den Rabbiner am Sonntag persönlich in Gotha begrüßt. Der gebürtige US-Amerikaner wird am Nachmittag auf Einladung des Evangelischen Kirchenkreises, des Katholischen Bistums und der Jüdischen Landesgemeinde als Gastredner in der Erfurter Thomaskirche erwartet.

Bei der dortigen christlich-jüdischen Gemeinschaftsfeier wird der Auftakt einer Veranstaltungsreihe anlässlich des 60jährigen Jubiläums zum Bau der Erfurter Synagoge stattfinden, an der auch der Gothaer Abgeordnete teilnimmt, „nun nimmt Andrew schon einen viel früheren Zug von Frankfurt, weil ihm Gotha schon damals gefiel und er neugierig ist, was sich alles in verändert hat“, freut sich Hey über das Interesse des Rabbiners.

Auf eines besteht Steinman aber mit Nachdruck: „Er will unbedingt mit meinem Trabant nach Erfurt gefahren werden, an den erinnert er sich noch genau so gut“, schmunzelt Hey, der diesen Wunsch gern erfüllt, „Andy meinte wörtlich: Ein Rabbi im Trabi hätte seinen besonderen Reiz!“