Zwei gute Wochen für die Fußball-Seele

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So schnell kann es gehen. Am 28. April – als unsere Reporter beim Abschluss-Training vor dem Spiel von Drittligist Carl Zeiss Jena in Offenbach zu Gast waren – war noch vieles unsicher. Gut eine Woche später ist klar: Ein neues Stadion kommt – und der Klassenerhalt ist auch sicher. Die vergangenen zwei Wochen waren gut für die Fan-Seelen …

Zunächst eine Rückschau auf den 28. April. Es ist Donnerstag Nachmittag. Genau sechs Zuschauer sind zum Ernst-Abbe- Sportfeld gekommen, um die Drittliga-Fußballer des FC Carl Zeiss Jena beim Training unter die Lupe zu nehmen. Unter ihnen sind Bettina und Holger Scharte, die gekommen sind, um sich ihre Jungs beim Training anzusehen. Holger Scharte sieht die Kicker mit Interesse. Zum kurz davor vollzogenen Trainerwechsel von Frank zu Weber sagt er nur: „Es hätte schlimmer kommen können!“ Die Schartes glauben an ihren Klub, völlig unabhängig davon, wie negativ die Schlagzeilen auch sein mögen. Egal ist auch, wie es weiter geht. Die beiden haben sich schon die Saisonkarten für das Spieljahr 2011/2012 gekauft. Fans sind Fans …

Unweit von Holger Scharte steht derweil Matthias Stein. Der Leiter des Jenaer Fan-Projektes nutzte seine Mittagspause zum Blick auf den Kader. „Vor zwei Wochen“, berichtet der Fan-Verantwortliche, „als Heiko Weber sein erstes Training als neuer Coach absolvierte, da waren über 40 Leute da!“ Wie der 46-Jährige die derzeitige Situation seines Vereins beurteilt, fragt der Oscar-Reporter. Stein zuckt etwas resignierend mit den Schultern. Er halte eine „professionelle“ Distanz zur sportlichen Leistung seines Klubs. Das ginge gar nicht anders. Schließlich sei er Mittler zwischen Fans und Verein. Die sportliche Leistung müsse man da „eben einfach hinnehmen“. Keine Frage, der Pokal-k.o. des FC Carl Zeiss in Meuselwitz (1:2) liegt Matthias Stein noch im Magen.

Doch eins ist dem Fan-Beauftragten auch wichtig: Beim besagten Premieren-Training mit Heiko Weber hätte er nämlich „leise, aber deutlich, das Wort Aufbruchstimmung wahrgenommen“. Was unglaublich wichtig sei … Und nach wie vor ist. Denn mit der Rückkehr von Heiko Weber kam der sportliche Erfolg zurück. Am Freitag darauf gewann die Mannschaft in Offenbach mit 2:0. Und wenige Tage später ging die Meldung durch alle Medien, dass Carl Zeiss nun wirklich ein neues Stadion erhalte. Nicht nur Chefcoach Heiko Weber freute sich am Dienstag bei einer Sonder-Pressekonferenz des Klubs darüber: „Einfach genial!“
Bei der Pressekonferenz wurden auch einige Details erläutert: So sollen die Bauarbeiten im Sommer 2012 beginnen – und bereits 16 Monate später abgeschlossen sein. Im Ernst-Abbe-Sportfeld soll die Haupttribüne stehen bleiben, auf der Gegenseite kommt eine überdachte Tribüne mit großem VIP-Bereich hinzu. Dieser soll immerhin 1000 Plätze enthalten – und auch für Kongresse und Aktionärstreffen nutzbar sein. Damit ist auch klar: Das Ernst-Abbe-Sportfeld wird kein reines Fußball-Stadion, sondern eine Multi-Funktions-Arena. Diese soll an den Torseiten eine bewegliche Bühne bekommen – dort werden die Tribünen auf Luftkissen hin- und herbewegt. Insgesamt 17200 Zuschauer wird das Jenaer Stadion nach der Sanierung umfassen – 4200 mehr als bisher! Carl-Zeiss-Geschäftsführer Roy Stapelfeld ist darüber mehr als froh: „Das ist einfach toll – für uns als Verein wie auch für die Stadt.“

Was auch wichtig ist. Denn die Stadt übernimmt bis zu vier Millionen Euro der Baukosten in Höhe von 22,45 Milllionen Euro. Der Rest besteht aus Fördergeldern, die aus Mitteln zur „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ kommen – und zur Hälfte vom Land und vom Bund finanziert werden. Diese Förderung gibt es nur noch bis 2013, was auch erklärt, warum die Sache mit der Stadion-Erneuerung jetzt so viel Dynamik bekommt. Dass alles überhaupt so kommen kann, ist vor allem der Verdienst von Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig, der sich der Sache annahm. Dort wurde der Faden gesponnen – mit Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter an der Seite. Der wiederum ist überzeugt davon, dass der Stadtrat dem Vorhaben zustimmen wird.

Übrigens: Nach Informationen dieser Redaktion, soll im Untergeschoss der neuen Tribüne, auch ein Museum zur Geschichte des FC Carl Zeiss Jena unterkommen.
Was Bettina Scharte um so mehr freut. Denn schon vor der Meldung über den Stadion-Umbau war sie sich sicher: „Irgendwann spielen wir wieder gegen den AS Rom!“

Gespräch: Daniela Eichler / David Ortmann

Publiziert: 11. Mai 2011; erschienen in der aktuellen Sport-Ausgabe von Oscar am Freitag

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