Flaschenpost von 1891 – Zeitdokument bei Rückbauarbeiten auf Schloss Friedenstein gefunden

0
1869
Flaschenpost mit Inhalt. Foto: ProDenkmal, Nico Wörner

Flaschenpost von 1891 auf Schloss Friedenstein gefunden

Bei Freilegungsarbeiten für anstehende Sanierungsmaßnahmen der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) im Westturm von Schloss Friedenstein haben Bauforscher und Handwerker einen besonderen Fund gemacht. In einer kleinen Kammer wurde beim Sockel einer Sandsteinsäule eine beschädigte Glasflasche mit einer handgeschriebenen Nachricht an die Nachwelt aus dem Jahr 1891 gefunden. Bei einer Umgestaltung der fünf angrenzenden Räume hatte man die Flaschenpost mit Informationen zum Umbau hinterlegt, die auch Hinweise zu aktuellen Geschehnissen und aktuellen Lebensmittelpreisen enthält.

„Die Nachricht wirft ein knappes, aber aufschlussreiches Schlaglicht in die Baugeschichte des Schlosses”, so der von der STSG beauftragte Bauhistoriker Udo Hopf, der das Dokument umgehend analysiert hat. „Wir erfahren, wie die Räume zuvor genutzt wurden und wer an der Neugestaltung von fünf Räumen 1891 beteiligt war, vom herzoglichen Baurat bis zum Tünchergesellen und der ‚Reinigungscommission‘. So detaillierte Informationen sind selten, und wir müssen sie sonst meist aus mehreren Rechnungen und anderen Archivalien zusammentragen.”

Die betreffenden Räume seien „im Jahre des Unheils 1891” für die Nutzung durch das Staatsministerium „neu hergerichtet” worden, unterrichtet die anonyme Nachricht. Zuvor habe hier die „gothaische Geldlotterie” mit „jedes Jahr 4 Ziehungen” stattgefunden. Zudem werden beispielhaft einige Lebensmittelpreise aufgeführt: „Das Pfund Brod kostet 15 bis 18 Pfennige”, „der Centner Kartoffeln 4 Mark und drüber”. Berichtenswert schien dem Schreiber der Notiz offenbar auch eine Militärübung: „Im August dieses Jahrs fand großes Kaisermanöver zwischen Erfurt u. Gotha statt bei welchem das 4. Armeekorp gegen das 11. bei Langensalza u. Mühlhausen ging.” Nebenbei wird mit dem 1. Oktober noch das exakte Datum der Inbetriebnahme des neu errichteten Gothaer Schlachthofs benannt.

Die vor einigen Wochen begonnenen Freilegungen im Westturm stehen im Zusammenhang mit anstehenden Maßnahmen im Rahmen des 110-Millionen-Euro-Sanierungsprogramms der STSG für Schloss Friedenstein, je zur Hälfte gefördert von Bund und Land. Für die Planungen werden derzeit jüngere Einbauten entfernt und Bauteile freigelegt, um detaillierte Informationen zu Statik, historischen Oberflächen und Baugeschichte zu erhalten. Immer wieder kommt es bei solchen Arbeiten zu Überraschungen. Der Fund wertvoller Textquellen ist jedoch auch für die erfahrenen Experten des Sanierungsteams eine Seltenheit.

Mehr zu Schloss Friedenstein, Baumaßnahmen und dem aktuellen Fund auch unter www.friedensteinblog.de

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT