Gedenktafel für erstes Opfer der Nationalsozialisten

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Sie waren kaum 150 Tage an der Macht und schon hatte die erste Gothaer Familie unter der Ideologie und dem heraufziehenden Völkermord der Nationalsozialisten zu leiden. Am 3. Juli 1933 nahm sich der Gothaer Landgerichtsdirektor Dr. Ernst Iwan Theodor Baumbach von Kaimberg in seinem Wohnhaus Kastanienallee 8 in Gotha das Leben. Seit dem 22. Mai 2015 erinnert nun eine Gedenktafel an diesen Demokraten, der das erste von mehr als 2.000 Opfern war, die Gotha in den zwölf Jahren des Nationalsozialismus zu beklagen hatte.

Im Januar 2015 stieß Marcel Andreß, der Mitarbeiter des Büro für Presse, Städtepartnerschaft und Kultur bei der Sichtung von Archivunterlagen auf einen alten Brief vom 5. Mai 2002. Es stellte sich heraus, dass das am 20. September 2002 bei der Stadtverwaltung Gotha eingegangene Schreiben von Erika Bachmann aus La Cumbrecita in Argentinien stammt. Was Sie schrieb, blieb lange unbeachtet.

Sie berichtet darin:
„Vadder war Mitglied der SPD und stand auf der Liste um als Abgeordneter für den Reichstag vorgeschlagen zu werden. Mit 43 Jahren stand er kurz vor der Ernennung zum Oberlandesgerichtsrat im Jahre 1933 und wurde, als Hitler die Macht ergriff, sofort als unfähig entlassen, da er sich die Feindschaft eines Parteibonzen zugezogen hatte. Er erschoss sich am 3. Juli 1933 in unserer Wohnung in der Kastanienalee.“

Oberbürgermeister Knut Kreuch machte erstmals zum Neujahrsempfang der SPD im Berggarten am 10.01.2015 auf das Schicksal dieses aufrechten Gothaer Demokraten aufmerksam. Eine Überprüfung der geschilderten Fakten im Sterbebuch des Standesamtes Gotha ergab, dass er sich am 3. Juli 1933, 15.45 Uhr in seiner Wohnung das Leben durch einen Gewehrschuss nahm. Die Sterbeurkunde verzeichnete auch den Geburtstag des Landgerichtsdirektors, der am 25. Mai 1890 in Mühlhausen im Elsaß das Licht der Welt erblickte.

Sein 125. Geburtstag am 25. Mai 2015 ist für die Stadt Gotha und für die Eigentümerin des Hauses, die Baugesellschaft Gotha GmbH, eine Verpflichtung mit einer Gedenktafel am Wohnhaus in der Kastanienallee 8 an den aufrechten Demokraten zu erinnern, der nach dem Berufsverbot keine andere Hoffnung sah, als sich das Leben zu nehmen, um so der Inhaftierung in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten zu entkommen.

„Wir müssen jedes dieser Schicksale aufarbeiten. Ob von Kommunisten, aufrechten Christen oder Sozialdemokraten, von jüdischen Mitbürgern, von Homosexuellen oder Zeugen Jehovas“ fordert Oberbürgermeister Knut Kreuch und ergänzt „denn jedes Einzelschicksal mahnt uns zu mehr Menschlichkeit und wahrem Frieden. Wir haben noch viel zu tun!“.